Kunstband zu Monika Siebmanns Werk:Hommage an eine Entdeckerin

Lesezeit: 4 min

Heiko Klohn hat Monika Siebmanns zentrale Bildthemen kunstvoll in einer einzigen Zeichnung in Frottage-Technik zusammengefasst. (Foto: Klaus Münzenmaier)

Zum 75. Geburtstag von Monika Siebmanns hat Klaus Münzenmaier einen in jeder Hinsicht vielseitigen Kunstband herausgebracht. Mitgewirkt haben daran gut zwei Dutzend Freunde und Kollegen aus der Dachauer Kunst- und Kulturszene, die sich zum Teil sehr persönlich mit Siebmanns Œuvre auseinandersetzen.

Von Gregor Schiegl, Dachau

Wenn sich Klaus Münzenmaier wieder einmal wochenlang in seinem Büro verkriecht, weiß die Dachauer Künstlerin Monika Siebmanns schon, was los ist: Ihr Lebensgefährte heckt schon wieder ein neues Buch aus. Mal ist es ein erotisch gewürztes Kochbuch, mal eine Räubergeschichte für Kinder, und fast immer holt sich Münzenmaier befreundete Künstler mit ins Boot, denn seine Bücher sollen nicht nur Stoff für den Kopf sein, sondern immer auch fürs Auge und für das Herz. Obwohl Monika Siebmanns schon einige Überraschungen von ihrem Klaus gewohnt ist, staunte sie nicht schlecht, als er ihr sein neuestes Werk vorlegte: einen mehr als 400 Seiten starken Kunstband, an dem zwei Dutzend Autoren mitgewirkt haben. Freunde, Weggefährten, Künstlerkollegen, darunter Klaus Herbrich, Norbert Kiening, Andreas Kreutzkam, Heiko Klohn und Karin Schuff, nicht zu vergessen Heinz Eder, aber auch Elisabeth Boser und Jutta Mannes vom Zweckverband Dachauer Galerien sowie Bezirksheimatpfleger Norbert Göttler.

Es ist, man ahnt es schon, eine Hommage an Monika Siebmanns und ihr umfangreiches Œuvre, und dass Klaus Münzenmaier es ihr just an ihrem 75. Geburtstag in die Hand gedrückt hat, ist natürlich auch kein Zufall. Schon früher hat Münzenmaier Bücher herausgegeben, die sich auf einzelne Aspekte von Siebmanns' Kunst fokussierten, etwa den Schatten als besonderes bildnerisches Momentum ihrer Objekte. Diesmal spannt er den Bogen weiter. "Serien?" lautet der so knappe wie bewusst fragwürdig gefasste Titel dieses groß angelegten "vergleichenden Essays".

"Gleich und gleich ist bei ihr anders"

Serien gibt es in der Kunst zuhauf, nicht selten bestehe dabei "die Gefahr einer Selbstwiederholung, als Variante verkleidet", merkt der Herausgeber kritisch an. Wer Monika Siebmanns und ihre Arbeiten kennt, weiß, dass man ihr diesen Vorwurf wahrlich nicht machen kann. "Gleich und gleich ist bei ihr anders", bringt es Klaus Münzenmaier auf eine griffige Form. "Monika Siebmanns beschäftigt sich über die Jahre mit unterschiedlichen, sich in vielfältiger Weise überschneidenden Themengruppen, die nacheinander Früchte tragen. Und jedes einzelne Thema durchlebt sie mit handwerklicher Brillanz, mit Mut zum Risiko, mit innovativen Techniken und kombinatorischen Ideen." Das ist liebevoll formuliert, aber eben auch wahr: Ihre Arbeiten entwickeln sich im künstlerischen Prozess weiter, entfalten neue Facetten, verbinden sich immer wieder neu. Das ist alles andere als die Serie nach dem alten Prinzip "Dasselbe noch mal in Grün".

Gegliedert ist das Buch nach den bereits angesprochenen Themengruppen. Diese sind in Siebmanns Werk Kugeln, Kugelköpfe, Helme, Köpfe, Hörner, der Mensch, archaische Spuren, Aufbrüche, Schatten-Spiele und - hier handelt es sich eher um eine Technik als ein Sujet - dem von Monika Siebmanns weiter entwickelten Eisendruck. Fast jeder Themengruppe hat Klaus Münzenmaier eine kuratierende Einleitung vorangestellt, die Querbezüge zur Kunstgeschichte herstellt. Und das sind viele, schöpft die weitgereiste Dachauer Künstlerin die Ideen zu ihrer Form- und Bildsprache doch nicht nur aus dem europäischen Kulturkreis, sondern aus fast allen Regionen der Erde und sogar aus der grauen Vorzeit des Neolitihikums, wenn sie die Felszeichnung von Valcamonica in ihren Arbeiten integriert.

Klaus Münzenmaier hat auch viele Fotografien von Monika Siebmanns Kunstwerken beigesteuert, hier einer Arbeit aus der Themengruppe "Helme". (Foto: Klaus Münzenmaier)
Die künstlerische Installation vor einer Wohnanlage hat Wolfgang Feik mit der Kamera aus verschiedenen Perspektiven aufgenommen. Im Zusammenspiel mit dem Schatten zeigt sich eine überraschende Vielfalt der Details. (Foto: Wolfgang Feik / Klaus Münzenmaier)
Malerisch und lyrisch nähert sich Heinz Eder dem Werk der Künstlerin. (Foto: N/A)
Man kennt sich und man schätzt sich. Karin Schuff hat auch mitgearbeitet an dem Buch für Monika Siebmanns. (Foto: Niels P. Joergensen)
Wie sich Kunst und Natur verbinden und ergänzen, wird auf dieser nachbearbeiteten Fotografie deutlich. (Foto: Klaus Münzenmaier)

Dieses Archaische, Zeitlose und Ubiquitäre machen ihre Arbeiten für den Betrachter zugänglich für weitläufige Interpretationen; sie laden ein zu persönlichen Betrachtungen und Gedankenspaziergängen, und genau darin liegt der besondere Reiz dieses Bands: dass man Siebmanns Arbeiten einerseits auf einer Vielzahl exzellenter Fotografien vorgestellt bekommt, andererseits durch die Brillen verschiedener Betrachter aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten kann. Mal kunsthistorisch analysierend, mal plaudernd, mal dichtend, mal fotografisch inszeniert. Der Dachauer Grafiker Heiko Klohn schafft es sogar, alle Themengruppen im Entwurf einer Super-Plastik zusammenzuführen und gewissermaßen eine Art Siebmanns'sche Weltformel aufs Papier zu werfen.

Siebmanns ersetzt das Wasser im Eisendruck durch Feuer

Die Beiträge der befreundeten Künstlerinnen und Künstler sind besonders erhellend - sowohl, was das Werk Monika Siebmanns betrifft als auch, was ihre eigenen Arbeiten anbelangt. Wenn Heinz Eder eine bunte Aquarelladaption zu einer figürlichen Plastik beisteuert, schärft das den Blick auf das malerische Moment in Siebmanns schwarz gerahmtem Objekt, und es zeigen sich auch Schnittmengen zu anderen Künstlern. Gabriele Middelmann, die mit ihren raffiniert bemalten Papierarbeiten schrundige Oberflächen massiver Materialien vortäuscht, entdeckt mehr als nur Parallelen zu Monika Siebmanns Keramikarbeiten. Es ist vielmehr eine "optische Symbiose und künstlerische Verbrüderung zweier komplett unterschiedlicher Arbeitsweisen, basierend auf gemeinsamen geistigen Wurzeln unseres Kunstverständnisses".

Dieses Kunstverständnis ist dynamisch, serielles Arbeiten ist darin ein Prozess, eine kreative Versuchsanordnung, die systematisch voranschreitet und dennoch immer wieder zu überraschenden Resultaten führt. Die Grundzutaten für Monika Siebmanns Arbeiten sind die alten Kulturmaterialien der Menschheit: Ton und Eisen. Von daher überrascht es nicht, dass sie sich bei ihren Druckexperimenten mit Dieter Faustmann auch am Ferroprint, also dem Eisendruck, versucht hat. Normalerweise lässt man da die eiserne Druckplatte durch Zuführung von Wasser leicht oxidieren; auf dem Papier erhält man dann einen entsprechenden Rostabdruck. Siebmanns verwendet statt Wasser Feuer. Durch das Erhitzen bildet sich eine Zunderschicht, die auf dem Papier Muster erzeugt, die aussehen wie abstrakte Gemälde. Faustmann bezeichnet dieses Experiment als "wohl ersten Druckvorgang mit bei über 1100 Grad gebrannten Eisenplatten".

Aber ist das nicht doch schon eine Vorstufe zur Massenproduktion?

Die beliebige Reproduktion hat Monika Siebmanns noch nie interessiert. Auch ihre Druckserien haben nur eine kleine Auflage, hier wird variiert, sei es durch anderen Farben oder einen erhöhten oder verminderten Druck in der Presse. Entsprechend bleiben die Resultate immer spannend. "Der langjährige Betrachter hat nie das Gefühl, dass ihm etwas begegnen wird, was er schon erahnt", schreibt Klaus Münzenmaier. Monika Siebmanns dürfte es mit ihrem persönlichen künstlerischen Biografen Klaus Münzenmaier ganz ähnlich gehen.

Das Buch ist in einer Auflage von 50 Stück erschienen. Ein Exemplar zur Ansicht liegt bei Monika Siebmanns Atelierausstellung am Wochenende aus. Erwerben kann man das Buch bei Klaus Münzenmaier, Bestellung per Mail unter archeklaus@web.de . Der Stückpreis beträgt 50 Euro.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusDachau
:Einer, der aneckt

Der Dachauer Wirtschaftsförderer Robert Danzer zweifelte an der fachlichen Kompetenz von Stadtkämmerer Thomas Ernst. Daraufhin wurde er fristlos gekündigt. Jetzt kam es zum Wiedersehen vor Gericht.

Von Thomas Radlmaier

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: