Radverkehr:Im Schneckentempo zur Fahrradstraße

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Die Alte Bayernwerkstraße zwischen Dachau und Karlsfeld ist sehr schmal. Sie soll zur Fahrradstraße werden, mit Tempo 30 und nur für Anlieger frei. Noch gibt es aber Details zu klären. (Foto: Toni Heigl)

Die Alte Bayernwerkstraße ist ein Schleichweg zwischen Dachau und Karlsfeld. Seit zwei Jahren will Karlsfeld sie zur Fahrradstraße machen. Jetzt gibt es auch ein positives Votum aus Dachau, wo 160 Meter der Straße verlaufen sollen. Es geht zäh voran, dabei bräuchte es nur zwei Schilder.

Von Alexandra Vettori, Dachau/Karlsfeld

Fast zwei Jahre ist es her, da hat der Umweltausschuss des Karlsfelder Gemeinderats beschlossen, die Alte Bayernwerkstraße als Fahrradstraße zu widmen. Schon da war klar: Die Sache ergibt nur Sinn, wenn auch Dachau seinen Teil der Bayernwerkstraße, die nördlichen 160 Meter, zur Fahrradstraße macht. Kürzlich nun stand das Thema dort im Umweltausschuss auf der Tagesordnung - und wurde positiv beschieden.

Dauern wird es aber trotzdem noch, bis Radler auf der schmalen Straße zwischen Dachau und Karlsfeld sicherer unterwegs sind. Es gibt noch Fragen zu klären, etwa die nach dem Autoverkehr. Die Alte Bayernwerkstraße ist ein beliebter Schleichweg in Richtung Karlsfeld und zum dortigen Bahnhof, für Menschen aus Dachau-Süd, aber auch bei Staus auf den Hauptverkehrsrouten. Im Juli und August 2021 hat Karlsfeld Verkehrszählungen durchführen lassen, an Werktagen verkehrten durchschnittlich 1300 Autos und zwischen 100 und 150 Fahrräder. Eine kurze Kfz-Zählung am 22. Dezember 2022 ergab einen Tagesschnitt von 689 Autos.

Karlsfeld möchte nur Anlieger fahren lassen

Radler leben auf der schmalen Alten Bayernwerkstraße durchaus gefährlich, wie Abstandsmessungen bei Autoüberholungen belegen, die der Dachauer Fahrradclub ADFC durchgeführt hat: Die meisten Überholungen geschahen mit nur einem guten Meter Abstand. Nicht zuletzt deshalb möchte Karlsfeld die Fahrradstraße nur für Anlieger frei geben. Der Vorschlag kommt von der Polizei, die allerdings auch signalisiert hat, für Kontrollen kaum Kapazitäten zu haben.

Das Problem mit der Beschränkung auf Anlieger: Auf Dachauer Seite gibt es keine Häuser, dafür viele Pendler zum Karlsfelder Bahnhof oder zu MAN, die rechtlich keine Anlieger sind. Dachau müsste Pfosten aufstellen, will die Stadt den Durchgangsverkehr aussperren, doch davon rät die Stabsstelle Recht im Rathaus ab. "Wir sollten beim rechtlich Notwendigen bleiben, nicht dass wir da eine Bauchlandung erleiden", mahnte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) bei der Ausschusssitzung, er ist bekanntlich ein gebranntes Kind in Sachen verkehrliche Zwangsmaßnahmen. Bauliche Hürden seien nur dort möglich, wo eine Gefährdungslage nachweisbar sei.

"Autos raus" war gar nicht das Ziel

"Mein Ziel war es nicht, die Autos auszusperren", sagt Franz Trinkl, SPD-Gemeinderat aus Karlsfeld auf Nachfrage. Er hat vor zwei Jahren den Stein ins Rollen gebracht mit seinem Antrag. Seither bohrt er auch regelmäßig nach, in beiden Rathäusern, in Karlsfeld wie Dachau. Auf die Frage, warum das relativ schlichte Projekt so lange dauert, lacht er auf: "Ich bin schon lange in der Kommunalpolitik, mich wundert gar nichts mehr." Trinkl erklärt es damit, dass das Thema beiden Kommunen nicht gerade auf den Nägeln brenne, dazu gebe es drei Beteiligte: Dachau, Karlsfeld und die Bahn. Es sei ein Ping-Pong-Spiel, "und auf die Bahn kann man sich immer gut herausreden", so Trinkl.

Tatsächlich liegt der Dachauer Abschnitt der Alten Bayernwerkstraße auf einem Grundstück der Deutschen Bahn, sie muss einer Fahrradstraße zustimmen. Wie es bei der Sitzung des Umweltausschusses hieß, habe die Bahn erklärt, erst nach einem offiziellen Antrag seitens der Stadt tätig zu werden. Aus diesem Antrag müsse hervorgehen, dass die Stadt die Fahrradstraße umsetzen wird, eine bloße Absichtserklärung reiche nicht aus. Allerdings rechnet die Stadtverwaltung mit einer Zustimmung.

Es geht um die Psychologie

Für den Karlsfelder Gemeinderat Franz Trinkl geht es weniger um die juristischen Folgen einer Fahrradstraße, für ihn stehen die "psychologischen Folgen" im Vordergrund: "Es wäre eine Umdrehung der bestehenden Verhältnisse. Bis jetzt ist der Radfahrer Gast auf der Straße, bei der Fahrradstraße ist er vorrangig." Schon durch das automatisch geltende Tempo 30 würden Autofahrer für die Regeln im Umgang mit Radlern sensibilisiert.

Viele Autofahrer wüssten gar nicht, sagt Trinkl, dass Zweiräder mit einem Mindestabstand von 1,50 Meter überholt werden müssen. Er wünscht sich deshalb mehr Hinweise auf der künftigen Fahrrad-Bayernwerkstraße, etwa Piktogramme auf der Fahrbahn. Im Prinzip aber wäre es fürs Erste mit zwei Schildern getan, einem in Dachau, einem in Karlsfeld.

Weil der Bau neuer Radwege aus Platzgründen oft scheitert, gelten Fahrradstraßen als relativ schnell umzusetzendes Mittel für mehr Fahrradfreundlichkeit. Generell sind sie für den motorisierten Verkehr gesperrt, Kommunen können diesen aber mit einem entsprechenden Zusatzschild erlauben, für den gesamten Kfz-Verkehr, für Anlieger oder nur in eine Richtung. Dazu gilt Tempo 30, Radfahrer haben Vorrang und dürfen nebeneinander fahren.

Laut Beschluss des Umweltausschusses wird die Dachauer Stadtverwaltung nun die notwendigen Schritte vornehmen, um die zuführende Moosstraße und die Alte Bayernwerkstraße als Fahrradstraßen mit Freigabe des Anliegerverkehrs auszuweisen. Franz Trinkl sieht den zähen Entstehungsprozess entspannt: "Nach den Pfingstferien werde ich wieder bei den Abteilungsleitern in den Rathäusern anrufen und sie weiter nerven."

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