Wirtschaftsstandort Dachau:"Heute weißt du ja nicht mal mehr, ob du morgen noch lebst"

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Der IHK-Regionalausschuss kommt in den Räumen der Konrad Kreppold GmbH zusammen. Der Vorsitzende Werner Mooseder sowie Notburga Kreppold und Stefan Fichtl sind dabei. (Foto: Toni Heigl)

Der Dachauer Regionalausschuss der Industrie- und Handelskammer kommt in Odelzhausen zusammen, um über die aktuelle Wirtschaftslage im Landkreis zu sprechen. Die Stimmung: eher trübe.

Von Jonas Junack, Odelzhausen

Wie es den Unternehmen im Landkreis geht, dafür will der Regionalausschuss Dachau der Industrie- und Handelskammer eine Art Gradmesser sein. Um den aktuellen Stand der Dinge festzustellen, befragt der Unternehmensverband regelmäßig seine Mitglieder. Zuletzt im vergangenen Sommer. Überschrieben waren die Umfrageergebnisse mit dem Satz: "Landkreis Dachau: weiterhin ein attraktiver Standort?" Mit Betonung auf dem Fragezeichen. Lässt sich die Frage, ein knappes halbes Jahr später beantworten?

Auf den ersten Blick waren die Umfrageergebnisse im Sommer, trotz turbulenter Welt- und Wirtschaftslage, solide. Der Wirtschaftsstandort Dachau bekam eine glatte 2,0. Kaum merklich schlechter als die 1,9, die die Unternehmer noch 2019 vergeben hatten. Und trotzdem ist die Stimmung im Besprechungszimmer der Konrad Kreppold GmbH, wo der IHK-Regionalausschuss zusammengekommen ist, vorsichtig formuliert, gedämpft.

Arbeit wäre genug da - aber wer soll sie machen?

Die Problemzonen sind bekannt. Da ist der Arbeitskräftemangel, "ein Riesenproblem", sagt der Steuerberater Stefan Fichtl. Einerseits, weil der demografische Wandel langsam seine Wirkung entfaltet. Die Konjunkturprognose des arbeitgebernahen ifo-Instituts geht davon aus, dass das Potenzial an Erwerbstätigen ab dem Jahr 2025 sinken werde. Als Unternehmer kann einem so eine Prognose durchaus Angst machen.

Dann sind da die Hürden beim Anwerben ausländischer Fachkräfte, die diese Lücken schließen sollen, ja, müssen. Notburga Kreppold, Geschäftsleiterin der Konrad Kreppold AG, will Wohnraum für ausländische Beschäftigte schaffen, doch eine Genehmigung ziehe sich. Wohnraum werde in Dachau zum Flaschenhals für die Gewinnung neuer Mitarbeiter, sagt sie. Dabei wäre genau jetzt die Zeit, sagt Stefan Fichtl, in der die Unternehmen sich darauf zurückbesinnen müssten, wie man Arbeiter gewinnt und bindet. "Früher haben die Unternehmen Wohnungen und Sportvereine gestellt, da haben wir in den letzten Jahrzehnten einiges vergessen."

"Heute weißt du ja nicht mal mehr, ob du morgen noch lebst."

Ein weiterer Konfliktpunkt, um den die Ausschussmitglieder sich nicht erst seit dem bundesweiten Aufruhr um das Milliardenloch im kommenden Bundeshaushalt sorgen, läuft unter dem Schlagwort "Planungssicherheit". Es gab mal Zeiten, sagt Fichtl, da hat man auf mehrere Jahrzehnte im Voraus geplant. Damit sei Schluss. "Heute weißt du ja nicht mal mehr, ob du morgen noch lebst", ergänzt der Vorsitzende des Regionalausschusses, Werner Mooseder.

Anders als den demografischen Wandel, der sich seit Jahrzehnten abzeichnet, warteten die vergangenen Jahre mit bösen Überraschungen auf. Die Pandemie oder der Krieg in der Ukraine schlagen sich immer noch in den Zahlen nieder, so sind unter anderem die Reallöhne der Beschäftigten nicht wieder auf Vor-Pandemie-Niveau. Die Kaufkraft der Haushalte ist geschrumpft, die Unternehmen investieren weniger. Im Büro der Konrad Kreppold GmbH spricht man von einer "Risiko-Gemengelage", die sich auf so ziemlich jeden Unternehmensbereich auswirke. Teilweise wisse man als Mittelständler gar nicht, ob man den Ballast eines Unternehmens noch der nächsten Generation zumuten solle, heißt es in der Runde.

Die Verwaltung erleben die Unternehmer eher als Hemmschuh

Trotz all der großen Fragen ließe sich einiges auch im Lokalen verbessern, sagt Werner Mooseder. Die Kommunikation mit den Behörden zum Beispiel. Am Tisch gibt jeder Unternehmer eine persönliche Anekdote zum Thema "Bürokratieversagen" zum Besten. Doch die Geschichte zeigt: Der Abbau von Bürokratie schafft oft neue Bürokratie.

Deshalb ist die Kernforderung des IHK-Regionalausschusses ein RAL-Gütesiegel, welches den Landkreis Dachau als "mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung" ausweist. Denn dies ist mit Pflichten für die Verwaltung verbunden. Dabei geht es vor allem um Geschwindigkeit und Verlässlichkeit. Beispielsweise versichert die Verwaltung, innerhalb von drei Tagen auf Anfragen der Unternehmen zu reagieren. Ob solch ein Siegel auch in Dachau kommt, ist ungewiss. Genau wie die Zukunft des Wirtschaftsstandortes. Lauscht man den Unternehmern und Unternehmerinnen beim Treffen des Regionalausschusses, beschleicht einen das Gefühl, dass sie hinter die Beurteilung seiner Attraktivität auch in Zukunft ein Fragezeichen setzen würden.

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