Kritik an Kliniken:Des einen Rendite, des anderen Doppelschicht

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Das Dachauer Amper-Klinikum. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Statt gegen ihre Mitarbeiter vor Gericht zu gehen, sollte die Klinikleitung mehr in Personal und Ausstattung investieren - Geld wäre da.

Kommentar von Jonas Junack

Neues Personal zu finden, fällt den Kliniken nicht leicht. Da macht auch das Amper-Klinikum in Dachau keine Ausnahme. Deswegen versuchte man in der Vergangenheit zum Beispiel, mit einem Speed-Dating-Format neue Arbeitskräfte zu gewinnen. Aber wie attraktiv ist ein Partner, der beim Dating immerzu knausert und sich kritikunfähig zeigt?

Seit Jahren klagen die Mitarbeitenden der Dachauer Amper-Klinik über Personalmangel, Überstunden und schlechte Ausstattung. Gehör findet ihre Klage nur selten, Widerspruch umso häufiger. Mit Matthias Gramlich hat die Klinikleitung nun einen ihrer kritischsten Mitarbeiter abgemahnt. Ein Verfahren, das man mittlerweile aus vielen anderen Kliniken in der Bundesrepublik kennt.

Klima der Angst

Das Ergebnis ist ein Klima der Angst unter den Beschäftigten. Informiert und Kritik geübt wird lieber hinter vorgehaltener Hand als im konstruktiven Dialog mit der Klinikleitung. Die hat es damit umso leichter, Augen und Ohren zu verschließen.

Dabei wäre das Geld für mehr Personal und modernste Ausstattung da. Der Helios-Konzern, der neben dem Amper-Klinikum 86 weitere Krankenhäuser betreibt, bekam laut Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung etwa 90 Millionen Euro an Energiehilfen vom Bund. Darüber hinaus zahlte der Mutterkonzern - der Gesundheitsriese Fresenius - seinen Aktionären bis 2021 über 29 Jahre steigende Dividenden aus.

Was an Freigiebigkeit vom Fresenius-Konzern gegenüber den Anteilseignern und dem Management zu sehen ist, steht in hartem Widerspruch zur Knauserei, die sich in den Krankenhäusern seiner Tochterunternehmen abspielt. Die Härte, mit der die Dachauer Klinikleitung gegen den Pfleger Matthias Gramlich vorgeht, ist der Höhepunkt der Eskalationsspirale.

Der bundesweiten Suche nach neuen Pflegekräften erweist diese Unternehmenspolitik einen Bärendienst. Geschichten von kritischen Kollegen, die vor Gericht landen, überzeugen niemanden davon, eine Stelle im Gesundheitswesen anzunehmen - da hilft auch kein Speed-Dating. Stattdessen wäre es an der Zeit, Geld in die Hand zu nehmen und in Personal und Ausstattung zu investieren.

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Von Jessica Schober

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