Dachauer Haushalt 2021:Stadträte streichen geplante Rathauserweiterung

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Das Dachauer Rathaus ist zu klein, es fehlt Platz für die Mitarbeiter. Deshalb hat die Stadt eigentlich das benachbarte Ziegler-Bräu gekauft, um dort in Zukunft Büros unterzubringen. Doch daraus wird vorerst nichts. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Vor dem Hintergrund der Corona-Krise ringt die Stadt Dachau um einen genehmigungsfähigen Haushalt für 2021. Die Stadträte streichen deshalb lang anvisierte Großprojekte wie die Erweiterung des Rathauses. Zu den Leidtragenden zählen auch die Sportvereine.

Von Julia Putzger, Dachau

Die Stadträte müssen den Rotstift zücken, um den städtischen Haushalt genehmigungsfähig zu machen. Drastische Einsparungen sind in den kommenden Jahren nötig und die Entscheidung darüber machten sich die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses am Mittwoch nicht leicht - dennoch fallen nun auch lang anvisierte Großprojekte dem städtischen Sparprogramm zum Opfer. Allein die Länge der Änderungsliste ist bemerkenswert. Wie sich die Sparmaßnahmen auf längere Sicht auswirken, ist noch vollkommen unklar.

Zu den Leidtragenden zählen allen voran die Dachauer Sportvereine: Von den ursprünglich für 2021 eingeplanten 600 000 Euro für Förderungen des Sports sind nur noch 100 000 Euro übrig. In den Sternen steht vor allem die längerfristige Entwicklung der beiden großen Vereine ASV und TSV: Der Neubau der Georg-Scherer-Halle des ASV ist nach wie vor an einen Neubau des Eisstadions gekoppelt - jegliche Gelder dafür wurden aber gestrichen. Auch der gemeinsame Antrag von ÜB/FDP, Grünen und Bündnis auf eine mobile Eisfläche am alten Hallenbad wurde abgelehnt. "Wir brauchen eine klare Entscheidung zum Thema Eis", kündigte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) in der Sitzung an und ließ damit durchblicken, dass es eine zeitnahe Lösung des Problems wohl nur ohne Eisfläche geben kann. Da die Scherer-Halle auch als Schulturnhalle benötigt wird, wäre zumindest deren Bau wohl finanzierbar. Schließlich handelt es sich dabei um eine städtische Pflichtaufgabe.

Auch die Aussiedlung des TSV Dachau kann die Stadt nicht finanzieren. Die Hoffnung liegt deshalb auf einer Gegenfinanzierung durch den Verkauf des Vereinsstammgeländes. Die Ausschussmitglieder strichen die für beide Großprojekte vorgesehenen Gelder in Höhe von insgesamt 21,5 Millionen bis zum Jahr 2024 komplett aus dem städtischen Haushaltsentwurf.

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:Ein sinnloses Zeichen

Die Rathauserweiterung zu streichen und damit ein Zeichen senden zu wollen, hilft weder dem städtischen Haushalt noch den Bürgern weiter.

Kommentar von Julia Putzger

Vor dem Hintergrund dieser ernüchternden Aussichten entbrannte in der Haupt- und Finanzausschusssitzung plötzlich eine vollkommen unerwartete Debatte um die Erweiterung des Rathauses: "Wir können eine Rathauserweiterung zum jetzigen Zeitpunkt nicht mittragen, wenn alles andere obsolet ist", sagte Gertrud Schmidt-Podolsky (CSU) im Namen ihrer Fraktion. Auch Markus Erhorn (FW) schloss sich ihr an: "Wen die Vereine den Gürtel enger schnallen müssen, dann müssen wir das auch." CSU, AfD, FW/BfD und ÜB/FDP waren der Meinung, dass man ein Signal senden müsse - auch wenn Oberbürgermeister Hartmann immer wieder betonte, dass es sich bei der Erweiterung um eine Pflichtaufgabe handle, welche die Aufsichtsbehörde nicht beanstanden werde. Diese Einsparung werde auch nicht dazu führen, dass andere freiwillige Leistungen durchgeführt werden können. "Wir können das Rathaus gern raus nehmen, ich hänge da nicht dran. Aber das ändert nichts an der Sache, stattdessen müssen wir uns dann eben mit Anmietungen auseinandersetzen."

Zur Abstimmung stand, ob vorerst nur die Gelder für die Baukosten oder auch für die Baunebenkosten gestrichten werden, also etwa für Gutachten und Vergabeverfahren, die aktuell bereits im Gange sind. Die Abstimmung fiel zur Verwunderung aller äußerst knapp mit 8:7 Stimmen für die Streichung aller Gelder aus. Der OB selbst hatte sich im Sinne eines "harten Schnitts" und um "ewige Diskussionen" vorzubeugen den Fraktionen von CSU, AfD, FW/BfD und ÜB/FDP angeschlossen.

Nun müssen die EU-weiten Ausschreibungen für Architektenleistungen, auf die es laut Bauamtsleiter Moritz Reinhold bereits große Resonanz gegeben hat, wieder zurückgezogen werden. Nur bereits beauftragte Leistungen werden noch abgeschlossen. Als Eigentümer ist die Stadt außerdem verantwortlich, den Bestand des Ziegler-Bräu-Gebäudes zu erhalten. Ob und wann es aber tatsächlich eine Rathauserweiterung geben wird, ist nicht absehbar, da laut aktuellen Plänen bis 2024 kein Geld dafür eingestellt ist. Eigentlich hätte die Erweiterung im Jahr 2026 fertig sein sollen.

Eine Lösung für den Platzmangel im Rathaus wird es sicher früher brauchen, schon jetzt gibt es nicht genug Arbeitsplätze für alle Mitarbeiter. Reinhold glaubt deshalb, dass die Stadt so vor allem ihre Attraktivität als Arbeitgeber einbüßt. Er hätte sich gewünscht, dass zumindest die Planungen weitergeführt werden können, um so auch genauere Vorstellungen über die künftigen Kosten zu bekommen. Oberbürgermeister Hartmann spricht im Nachhinein von einer "unguten Diskussion", in der Dinge "gegeneinander ausgespielt" worden seien. "Längerfristig ist das sicher eine schlechte Entscheidung", das Geld sei in Eigentum besser investiert als in Anmietungen. Nun aber müsse man abwarten und hoffen, dass sich die Gesamtsituation weniger schlecht entwickle als bisher prognostiziert, um dann eventuell nachträglich wieder Gelder zur Verfügung zu stellen.

Insgesamt liegt ein Haushaltsentwurf mit einem Gesamtvolumen von rund 160 Millionen Euro vor. Die Rechtsaufsicht muss die Kreditaufnahme genehmigen, die durch die Streichungen von ursprünglich rund sechs auf nun 2,5 bis drei Millionen Euro halbiert wurde. Auch für die Verpflichtungsermächtigungen muss die Behörde grünes Licht geben. Diese sind laut Kämmerer Thomas Ernst mit mehr als 20 Millionen Euro enorm hoch. Da es sich aber fast ausschließlich um Pflichtaufgaben bei Kitas und Schulen handelt, geht er "tendenziell" davon aus, dass es keine weiteren Beanstandungen mehr gibt.

© SZ vom 13.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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