Informationsabend:"So eine Baustelle kann uns immer wieder passieren"

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Eigentlich sollten die ersten Sportlerinnen und Sportler bereits 2019 ihre Bahnen darin ziehen, nun ist die Eröffnung des neuen Hallenbades in rund drei Jahren geplant. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Nach dem Debakel beim Hallenbad-Neubau weist Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann Schuldzuweisungen zurück. Nun gibt es eine neue Kostenschätzung - und einen neuen Eröffnungstermin.

Von Anna Schwarz, Dachau

Die Stimmung war aufgeheizt, Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) musste sich am Dienstagabend im Saal des Thoma-Hauses immer wieder gegen Schuldzuweisungen aus dem Publikum verteidigen. Er und die Baubeteiligten auf dem Podium versuchten, den etwa 150 Zuhörerinnen und Zuhörern die Gründe für das Hallenbad-Desaster in Dachau zu erklären. Unter anderem, wie die Verzögerungen und Mängel am Bau sowie die Kostenexplosionen entstanden sind und wie es in den kommenden Jahren mit der Dachauer Problembaustelle weitergeht.

Eines betonte OB Hartmann bei der Bürgerinformationsveranstaltung aber mehrmals: "So etwas kann bei jeder Baustelle immer wieder passieren." Er sehe die Schuld beim ehemaligen Architekten und dessen Bauüberwachung. Wolfgang Gollwitzer hatten die Stadtwerke im Juli vergangenen Jahres gekündigt.

Bevor die Bürger zu Wort kamen, gab der Leiter der Stadtwerke Dachau, Robert Haimerl, einen Überblick über die Geschichte des Baus: vom einstimmigen Beschluss des Werkausschusses für ein neues Hallenbad im Jahr 2012 bis heute. Er ging auch auf die vielkritisierte Kostenexplosion ein. In der ersten Planung habe man mit rund sieben Millionen Euro gerechnet. Allerdings hätten sich die Stadträte später dafür entschieden, dass die Schwimmhalle mit einer deutlich größeren Fläche, architektonisch aufwändiger und mit Gastronomiebereich gebaut werden soll, obendrauf seien allgemeine Baukostensteigerungen gekommen, so Haimerl.

Die Skepsis unter den Zuhörern zum neuen Eröffnungstermin ist groß

Derzeit lägen die geplanten Baukosten bei rund 24 Millionen Euro, sagte Projektsteuerer Michael Hammel vom Ingenieurbüro Hitzler. Einem aufmerksamen Zuhörer fiel jedoch auf, dass bei dieser Summe die Baunebenkosten noch nicht einberechnet sind. Hammel korrigierte daraufhin und kam auf Gesamtkosten von rund 29,4 Millionen Euro für die Schwimmhalle: "Das ist aber nur eine Momentaufnahme", er wolle sich nicht darauf festlegen, so Hammel. Den Großteil müssen die Stadtwerke stemmen, rund 4,2 Millionen Euro übernimmt der Freistaat, weil in dem Bad auch Schwimmunterricht von Schulen stattfinden wird.

Außerdem verkündete Architekt Josef Prokopetz vom gleichnamigen Architekturbüro in der Oberpfalz an dem Abend einen neuen Eröffnungstermin für das Bad: Die ersten Sportlerinnen und Sportler sollen demnach in rund drei Jahren, ab dem zweiten Halbjahr 2026, ihre Bahnen ziehen - das sind dann fast zehn Jahre nach dem Spatenstich im Jahr 2017. Im Publikum gab es daraufhin Gemurmel, die Skepsis ist groß. Ursprünglich war der Eröffnungstermin der Schwimmhalle bereits für 2019 geplant.

Den etwa 150 Zuhörerinnen und Zuhörern im Thoma-Haus steht Oberbürgermeister Florian Hartmann Rede und Antwort. (Foto: Niels P. Jørgensen)
"Mit dem Wissen von heute würden wir das Hallenbad sicher anders planen", sagt Stadtwerke-Chef Robert Haimerl. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Doch das Projekt verzögerte sich immer wieder: Vor rund einem Jahr hatten die Stadtwerke dem ehemaligen Architekten Wolfgang Gollwitzer wegen Bau- und Planungsmängeln gekündigt. Seitdem stand die Baustelle monatelang still, die Stadt liegt im Rechtsstreit mit Gollwitzer. Im Dezember haben die Architekturbüros Krieger und Prokopetz die Baustelle übernommen und analysiert, was dort noch gemacht werden muss. Architekt Sebastian Neuhaus erklärte unter anderem, dass es Fehlplanungen bei den Türen im Obergeschoss des Bades gebe, denn diese führten "ins Nirgendwo". Wichtig sei deshalb, dass dort zum Beispiel ein Treppenturm und unbedingt eine Absturzsicherung gebaut werde.

Zudem sei die Luftdichtigkeit des Gebäudes geprüft worden, so Prokopetz. Hier könne er aber - abgesehen von wenigen einzelnen Anschlusspunkten - Entwarnung geben. Dennoch gebe es noch einiges zu tun: Für die Dachdecker stehen zum Beispiel noch Restarbeiten an, die Fassade müsse überarbeitet werden und die Risse im Beton des Kellerbodens müssten verpresst werden. Ein Zuhörer befürchtete, dass dort Wasser eingetreten sei. Doch Prokopetz beruhigte ihn: Dass sich Risse im Beton bilden, sei kein "ungewöhnliches Ereignis", sondern technisch in den Griff zu bekommen.

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Petra Hölczl-Dorner wollte wissen, ob das alte Dachauer Hallenbad aus den Siebzigerjahren so lange geöffnet bleibt, bis das neue voraussichtlich 2026 eröffnen wird. Stadtwerke-Leiter Haimerl versicherte daraufhin: "Das alte Bad wird in Betrieb bleiben", die Stadtwerke kümmerten sich um den Unterhalt. Doch es stehe bereits fest, dass das Bad abgerissen wird, wenn es seine Lebensdauer erreicht hat.

Ein weiterer Zuhörer wollte von Haimerl und Hartmann wissen, inwiefern sie aus dieser Problembaustelle lernen. Auch Christoph Prüfer aus Dachau fragte dazu nach, schließlich stünden in Dachau weitere Großprojekte an, wie der Bau der Scherer-Halle oder des Eisstadions: "Müssen wir uns da auf eine ähnliche Situation einstellen?"

OB Hartmann zeigt sich wenig selbstkritisch

Robert Haimerl sagte: "Mit dem Wissen von heute würden wir das Hallenbad sicher anders planen." Er gab zu, dass man sich im Werkausschuss vom Architekten begeistern ließ, aber dabei die Komplexität des Gebäudes, etwa mit seinen Holzbögen in Wellenform, unterschätzt habe. OB Hartmann zeigte sich weniger selbstkritisch. Er sagte, dass er schon öfter darüber nachgedacht habe, ob er beim Hallenbad-Neubau anders hätte handeln sollen. Sein Fazit: nein. Denn immer wieder habe der Werkausschuss beim Architekten nachgefragt, ob die Wellenform des Daches wirklich so leicht umsetzbar sie. Der habe das bejaht.

Später als es zu Bauverzögerungen kam, habe die Stadt Sachverständige und Anwälte mit ins Boot geholt und dem Architekten schließlich gekündigt. Die Frage eines Bürgers, warum das erst so spät geschehen sei, beantwortete Hartmann mit der Aussage: "Das war keine leichte Entscheidung", schließlich habe dies auch zum Stillstand der Baustelle geführt. Nach rund zwei Stunden beendete Moderatorin Karin Kekulé die hitzige Diskussion. Der OB hatte das Schlusswort und sagte, er hoffe, das neue Bad "in ein paar Jahren" nutzen zu können. Für diese vage Aussage gab es nur verhaltenen Applaus im Saal.

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