Dachau:Stadtwerke kündigen dem Hallenbadplaner

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Um das neue Hallenbad fertigzustellen, suche die Stadt bereits nach einem neuen Architekturbüro. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Eröffnung des neuen Hallenbades rückt weiter in die Ferne: Nach sieben Jahren Bau- und Planungszeit haben sich die Stadtwerke Dachau von dem Architekten Wolfgang Gollwitzer getrennt, nachdem dieser seinerseits bereits die Zusammenarbeit für beendet erklärt hatte. Offenbar hatte sich schon länger abgezeichnet, dass es Probleme gibt.

Von Anna Schwarz, Dachau

Die Euphorie war groß, als sich der Stadtrat vor rund acht Jahren für einen Neubau des Dachauer Hallenbades entschieden hatte. Doch wie komplex das Projekt werden sollte, ahnte damals niemand: Die Baukosten explodierten, es entstanden Baumängel und der Eröffnungstermin des neuen Bades verschob sich immer weiter nach hinten. Nun haben sich die Stadtwerke Dachau dafür entschieden, dem Architekten des Hallenbadneubaus, Wolfgang Gollwitzer vom Studio Gollwitzer Architekten GmbH (studioGA) zu kündigen - nach sieben Jahren Bau- und Planungszeit. Am Dienstag erklären die Stadtwerke in einer Pressemitteilung: "Hintergrund für die Kündigungen sind unterschiedliche Ansichten in Bezug auf Planungs- und Baumängel sowie den damit verbundenen Streitigkeiten bezüglich der Vergütung des Architekten."

Momentan stehe die Baustelle für das neue Hallenbad still, sagt Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Zu den Bau- und Planungsmängeln, die durch den Architekten Gollwitzer einstanden seien, möchte er sich nicht äußern. Die Auseinandersetzung müsse wohl juristisch geklärt werden und: "Ich möchte unsere Position vor Gericht nicht verschlechtern", sagt OB Hartmann.

"Ich bin nach wie vor für eine Einigung bereit."

Unzufrieden mit der Zusammenarbeit war auch der Münchner Architekt Wolfgang Gollwitzer, am Telefon sagt er: "Es gab Meinungsverschiedenheiten zum Zahlungsfluss und zu den Ausführungsarten", also wie das Hallenbad gebaut werden soll. Mit konkreten Vorwürfen hält auch er sich zurück. Bereits seit vergangenen Oktober hätten sich verschiedene Probleme auf der Baustelle ergeben. Im Februar habe es einen Einigungsversuch mit der Stadt gegeben, der aber gescheitert sei. Deshalb habe Gollwitzer den Stadtwerken bereits Ende Juli gekündigt: "Das ist sehr schade, weil es ein wahnsinnig schönes Projekt ist", sagt er. Nun folgte die Gegenkündigung seitens der Stadtwerke. Gollwitzer betont dennoch: "Ich bin nach wie vor für eine Einigung bereit, wenn auch der Oberbürgermeister etwas dazu beiträgt."

Indes rückt die Eröffnung des neuen Bades in die Ferne. Dabei erfolgte der Spatenstich bereits vor rund drei Jahren. Im November 2017 ging man noch davon aus, dass in den kommenden zwei Jahren die ersten Schwimmer darin ihre Bahnen ziehen können. Doch dann verzögerten Probleme mit der geschwungenen Holz-Tragwerkskonstruktion den Bau. 2020 wurde außerdem bekannt, dass Wasser in den Technikraum des Neubaus eindringt. Wer den Keller des Rohbaus betrat, sah in manchen Ecken große Wasserlachen und hörte, wie Bauverantwortliche von eindringendem Grundwasser sprachen. Nach dem Baubeginn explodierten auch die Kosten: Die ursprünglich vom Architekten angesetzten Kosten von 16,5 Millionen Euro brutto seien längst nicht mehr einzuhalten, schreiben die Stadtwerke: "Die aktuelle Kostenprognose bewegt sich bei 23,2 Millionen Euro."

Die Türen des neuen Dachauer Hallenbades werden wohl noch länger geschlossen bleiben. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Unter anderem kam es durch die aufwendige Holz-Tragwerkskonstruktion zu einer Verzögerung des Hallenbadbaus. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Wenn man bei Stadträten verschiedener Fraktionen nachfragt, hat sich der Konflikt mit dem Architekten schon lange abgezeichnet. Jürgen Seidl (FDP) sagt: "Für mich kommt die Kündigung nicht überraschend". Es habe sich schon seit "geraumer Zeit" gezeigt, dass die Zusammenarbeit nicht funktioniere, weder die Kommunikation zwischen Architekt und Stadtwerken noch zwischen Architekt und Handwerkern. Außerdem habe die Baumängelliste immer weiter zugenommen: "Die Stadtwerke hätten sich schon viel früher vom Planer trennen sollen" - gleichzeitig sei das wohl nicht so einfach, weil bereits Vergütungsansprüche entstanden sind, so Seidl. Dazu erklärt Architekt Gollwitzer: "Die Baumängel entstehen nicht durch den Architekten, sondern durch die Baufirmen", als Architekt müsse er sie jedoch darauf hinweisen, dass die Mängel beseitigt werden.

"Das sollte uns für künftige Bauprojekte eine Lehre sein."

Seidl wiederum ist überzeugt, dass das neue Hallenbad "uns noch einige Zeit, Ärger und bis zu 30 Millionen Euro kosten wird". Als Hauptproblem habe er von Anfang an die aufwendige Konstruktion des Bades gesehen, ähnlich wie sein Fraktionskollege Peter Gampenrieder (ÜB). Seine Fraktion habe dafür plädiert, das Bad als Zweckbau in Form eines "betonierten Schuhkartons" zu planen. Stattdessen habe man nun zwar einen "künstlerisch wertvollen Bau" in Y-Form, "bei dem aber alles eine Sonderanfertigung ist", so Gampenrieder. "Man hat das wohl unterschätzt."

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Bezüglich der Hallenbad-Architektur habe man sich "nicht für den simpelsten Ansatz" entschieden, gesteht auch der CSU-Fraktionsvorsitzender Florian Schiller: "Das sollte uns für künftige Bauprojekte eine Lehre sein, dass man nicht nur nach bunten Bildern geht, sondern auch schaut, was man zeitnah umsetzen kann." Gleichzeitig übt er aber auch Kritik an Architekt Gollwitzer: "Ein solches Projekt braucht eine Bauleitung vor Ort", sagt Schiller, die habe es seiner Meinung nach nicht gegeben. Architekt Gollwitzer will dazu keine Stellung beziehen.

Auch für Richard Seidl (Grüne) habe sich die Kündigung des Architekten bereits abgezeichnet, in nicht-öffentlichen Sitzungen seien die Streitigkeiten bereits mehrmals diskutiert worden. Seidl sei in gewisser Hinsicht sogar froh, dass die "Situation jetzt eskaliert ist". Denn "dass die Baustelle nicht gut läuft, ist schon länger bekannt": Pandemiebedingt habe es Materialengpässe und Personalnot gegeben, unter anderem seien dort unzuverlässige Firmen beschäftigt worden, kritisiert er.

Neuen Eröffnungstermin zu nennen, sei "völlig unseriös", sagt der OB

Für OB Hartmann sagt zu den Vorwürfen seiner Kollegen: "Im Nachhinein ist jeder Experte und ganz schlau." In der Vergangenheit habe es im Werkausschuss zwar Vorschläge gegeben, das Hallenbad in Schachtelform zu bauen, aber letztlich "hat sich der Ausschuss für ein Bad entschieden, wie es nun gebaut wurde". Eine Zusammenarbeit mit Gollwitzer kommt für ihn nicht mehr infrage. Aktuell werde bereits nach einem neuen Planerteam für das Hallenbad gesucht, die ersten Architekturbüros hätten sich schon beworben. Demnächst sollen sie im Werkausschuss vorgestellt werden. "Wir wollen das noch im Oktober eintüten", sagt Hartmann.

Zum Baufortschritt erklärt er, dass etwa die Schwimmbecken im neuen Hallenbad bereits eingebaut und Trennwände installiert wurden, vor Kurzem wurde die Verbindung zwischen Dachfenstern und Fassade geschlossen. Unter anderem stehen noch Fliesenarbeiten an, Armaturen müssen noch befestigt werden, weiterhin fehlt die Einrichtung, wie Küche und Schränke, und die Rutsche. In der heutigen Zeit einen Eröffnungstermin für das neue Bad zu nennen, sei "völlig unseriös", sagt Hartmann - auch wegen der Lieferschwierigkeiten beim Baumaterial.

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