Osterhase:Wenn sie boxen, ist es Liebe

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Nicht nur die männlichen Feldhasen kämpfen um die Häsin. Auch die Hasenfrau langt kräftig zu, so testet sie die Stärke des möglichen Partners. (Foto: Marco Einfeldt/FRG)

Früher sah man ihn überall in Feld und Flur herumhoppeln - den Feldhasen. Schwindende Lebensräume haben ihn selten werden lassen. Doch in den vergangenen Jahren hat sich die Population stabilisiert.

Von Alexandra Vettori, Dachau

Die gute Nachricht vorneweg: Der Feldhase kommt wieder häufiger vor, zumindest bleibt seine Zahl stabil, wenn auch auf niedrigem Niveau. Die schlechte Nachricht: Das liegt weniger daran, dass sich die Lebensräume für das empfindliche Tier verbessert hätten, sondern vielmehr am Wetter. Ein trockener Frühling wie in den vergangenen Jahren lässt mehr Jungtiere überleben.

Gerade an Ostern rückt der Hase ins Zentrum des menschlichen Interesses, gilt er doch seit Jahrhunderten als Fruchtbarkeitssymbol. Kein Wunder: Die Häsin bekommt drei- bis viermal im Jahr Junge, insgesamt bis zu 20 Stück.

Zehn Hasen leben auf einem Quadratkilometer, das ist wenig

Der Dachauer Kreisvorsitzende des Jagdschutz- und Jägervereins, Ernst-Ulrich Wittmann schätzt die Zahl der im Landkreis lebenden Feldhasen auf zehn Stück pro Quadratkilometer, das ist wenig. "Ein stabiler Bestand wären 25 bis 30 Hasen", sagt er. Dennoch halte sich der Bestand seit etwa drei Jahren. Rund 600 Hasen erlegen die Jäger derzeit pro Jahr im Landkreis Dachau, "zur Jahrtausendwende waren es noch mehr als doppelt so viele", so Wittmann. Der Grund sind fehlende Lebensräume in der intensiv genutzten Landschaft.

Feldhasen weisen das Phänomen der Superfötation auf, damit kann die Häsin schon während sie noch schwanger ist, erneut trächtig werden. Ohne das wäre der Osterhase vermutlich schon ausgestorben. Denn eigentlich ist das Tier, das als Langstreckenläufer auch Spitzengeschwindigkeiten von 80 Kilometern pro Stunde erreicht, eine Mimose.

"Der Feldhase ist ein Indikator, wie gut geht es unserer Natur, er zeigt uns, wo die Probleme liegen", sagt Wittmann. Intensive Bewirtschaftung, der Einsatz zu vieler Pestizide und Dünger stellen die Tiere vor Herausforderungen. Der Feldhase braucht vielfältige Kräuterwiesen, die sogenannte "Hasenapotheke", und Hecken als Schutz. Doch die sind rar, statt ihrer wächst bis zu sechsmal im Jahr gemähtes Intensivdauergrünland.

Ein Feldhase bei Etzenhausen im Landkreis Dachau. Die nahe Naturland-Gärtnerei bietet manche Leckerei. (Foto: Toni Heigl)
600 Feldhasen werden pro Jahr im Landkreis noch geschossen, sagt der Kreisvorsitzende des Jagdschutz und Jägervereins, Ernst-Ulrich Wittmann. Zur Jahrtausendwende waren es doppelt so viele. (Foto: privat)

Nicht nur fehlende Vitamine, auch die Bewirtschaftung des Grünlands selbst sorgt für den Tod vieler Jungtiere. "Die frühe Mahd ist für den Hasen ein K.-o.-Kriterium", sagt Jäger Wittmann. Gleiches gilt für das frühe Mulchen, bei dem das Gras quasi gehäckselt wird und das frühe Walzen. Junge Hasen verhalten sich wie junge Rehe: Sie fliehen nicht, sondern ducken sich. Eine Junghasenrettung vergleichbar mit der Kitzrettung, die immer mehr Ehrenamtliche zusammen mit Landwirten betreiben, sei aber zu viel Aufwand, sagt Wittmann.

Für den Jäger ist die von der EU gestrichene Vier-Prozent-Stilllegung ein herber Rückschlag - eigentlich war geplant, ab 2024 vier Prozent der Ackerflächen in der EU für mehr Artenschutz brachliegen zu lassen, doch die Vorgabe wurde ausgesetzt. Wittmann findet, das hätte vor allem dem Niederwild sehr gutgetan, auch wenn es nur Waldränder, Grünstreifen oder sonstige schlecht landwirtschaftlich nutzbare Flächen gewesen wären. "Jeder einzelne Quadratmeter zählt", sagt er und hofft, dass die Landwirte nun auf freiwilliger Basis trotzdem tätig werden. Gute Beispiele, in denen etwa eine spätere Mahd stattfinde, gebe es vereinzelt im Landkreis, in Odelzhausen etwa oder auch bei Dachau. Dort, wo Jäger und Bauern Vereinbarungen treffen.

Zu sehen bekommt man den Feldhasen, respektive Osterhasen am ehesten in der Paarungszeit. Dann kämpfen mehrere Männchen um ein Weibchen und auch die Häsin testet im Liebes-Boxkampf, wer der Stärkste ist. Wo die Wahrscheinlichkeit, einen der scheuen Osterhasen im Landkreis zu sehen, am größten ist, könne man nicht so gut sagen, so Wittmann. "Der Hase ist ein Wanderer, im Frühjahr fühlt er sich eher im Lehmfeld westlich von Dachau wohl, im Winter zieht es ihn zu den schwarzen Böden unserer Mooslandschaft, weil es da wärmer ist." Stoße man etwa auf Jungtiere, dürfe man sie auf keinen Fall anfassen oder gar mitnehmen. "Die sterben sofort."

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