Dachau:Der Zorn der Bürger

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Vor zwei Jahren schon hat der Thementisch Umwelt in Dachau ein Energiekonzept vorgelegt. Das verschwand in der Schublade. Jetzt entscheiden die Stadtwerke allein über die künftige Stromversorgung.

Helmut Zeller

Diskussion am Thementisch: Bernhard Hartmann, Gabriele Steinlechner, Inge Hamzehi, Peter Heller, Günther Domcke und Frank-Martin Binder. (Foto: DAH)

- Umweltpolitisch engagierte Bürger in Dachau haben offenbar von der Kommunalpolitik die Nase voll: Vor zwei Jahren schon hat der Thementisch Umwelt, Natur, Energie der Integrativen Stadtentwicklung ein Energiekonzept vorgelegt. Damit hat sich der Stadtrat jedoch nicht befasst, wie der Sprecher des Thementisches, Peter Heller, kritisiert. Im Gegenteil: Jetzt hat der Werkausschuss die Stadtwerke beauftragt, ein Energiekonzept am Umweltausschuss und den Bürgern vorbei zu erstellen. "Das mutet ja schon wie ein Witz an", erklärt Heller, der auch Vorsitzender des Bundes Naturschutz in der Stadt ist. "Die Mehrheit im Werkausschuss um die CSU hat mit Unterstützung durch den Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) die Chance vertan, Energie als das Thema der Zukunft neu zu gestalten."

Im Sommer 2010 hatten die Bürger ein "Konzept zur Entwicklung einer eigenständigen strategischen Dachauer Energiepolitik" vorgelegt, das seither weder im Umwelt- noch im Werkausschuss behandelt wurde. Das umweltpolitische Leitbild hatte der Stadtrat im Oktober 2010 verabschiedet, und noch im selben Monat beantragte die SPD, auf dessen Grundlage ein Energiekonzept durch die Stadtverwaltung erstellen zu lassen. Doch statt der Verwaltung kamen die Stadtwerke zum Zuge. Im Januar 2011 beschloss der Werkausschuss, dass der kommunale Eigenbetrieb das Konzept erarbeiten solle. Auch jetzt unterlag die SPD, die zunächst vom Umweltausschuss politische Rahmenrichtlinien abstecken lassen wollte, ehe Stadtwerke und Werkausschuss sich mit der technischen Umsetzung des Energiekonzepts beschäftigen sollten. Gegen die Forderung von SPD, Grüne und Bündnis werden Werkausschuss und Stadtwerke allein und zuerst über das Energiekonzept für Dachau entscheiden, dann dürfen Umweltausschuss und Bürger Anregungen geben. Das war das Ergebnis der Werkausschuss-Sitzung am 20. November.

Heller zufolge hat der Werkausschuss damit ja zugegeben, dass die Stadtwerke seit der ersten Entscheidung kein Energiekonzept zuwege gebracht haben. Natürlich sei man froh, dass Dachau eigene Stadtwerke habe. Aber das Unternehmen verfolge natürlich solange seine eigenen Interessen, bis die Politik etwa alternative Wege vorschreibe. Davon sehen die Bürger aber nichts: Stadtwerke und Stadt ignorierten eine alternative Energieerzeugung vor Ort weitestgehend. Selbst einfachste Solardächer auf öffentlichen Gebäude gebe es kaum. Die Bürgerstrom-Genossenschaft werde nicht unterstützt, weil ja die Stadtwerke das Sagen haben müssten. An Windkraft vor Ort denke man überhaupt nicht, ebenso komme nicht einmal ein teilweiser Anschluss an die Fernwärme aus Geiselbullach in Frage, weil die Stadtwerke ihrem eigenen Gasnetz alles andere unterordneten. Dagegen hatte auch SPD-Stadtrat Florian Hartmann vergeblich protestiert: "Schließlich muss nicht alles im Geschäftsfeld der Stadtwerke liegen." Aber weil das eben so sei, erklärt nun Heller, werde in Dachau auch das Energiesparen nicht offensiv gefördert. Auf der Basis des "weitgehend völlig schwammigen und unkonkreten sogenannten Umweltleitbildes der Stadt solle nun das Energiekonzept erstellt werden. "So können die Stadtwerke letztlich wohl so weitermachen wie bisher", schreibt Heller enttäuscht in einer Presseerklärung. Überhaupt sehen die Naturschützer bei Stadt und Stadtwerken ein gravierendes Unverständnis der Energiewende: Heller bezieht sich dabei auf die jüngste Ausgabe von "Stadt im Gespräch", dem offiziellen Organ der Stadt. Die Stadtwerke erklären darin zum Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG): "Das EEG finanziert den Atomausstieg." Wie könne es nur sein, fragt Heller, dass die Stadtwerke einen solchen "Unsinn" verbreiten dürften. Die Thementische hätten dagegen keine Rubrik in dem Blatt erhalten. Heller und der Thementisch können darauf verzichten, dass er vor der Verabschiedung des Energiekonzepts noch gehört werden soll. "Das wird nicht weiterhelfen." Die Haltung der Kommunalpolitik gegenüber der Arbeit der Thementische habe die CSU-Stadträtin Gertrud Schmidt-Podolsky im Werkausschuss deutlich gemacht: Sie sprach von Auswüchsen der Bürgerbeteiligung.

© SZ vom 19.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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