Corona in Dachau:30 Minuten auf den Notarzt warten

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Die Corona-Lage im Landkreis Dachau hat sich zugespitzt. Das Krankenhaus ist überbelegt.

Von Jacqueline Lang, Dachau

Statt beim Treffen der Koordinierungsgruppe Pandemie am Mittwoch wie geplant darüber zu sprechen, wie man die Booster-Impfungen am besten koordiniert und bespricht, wie der Schulstart gelaufen ist, sprachen Expertinnen und Experten aus den unterschiedlichsten Bereichen darüber, wie man den Kollaps des Gesundheitssystems vielleicht doch noch aufhalten kann. Doch eigentlich, auch daran ließ Landrat Stefan Löwl (CSU) bei einem Pressegespräch am Donnerstagnachmittag keinen Zweifel, ist es dafür bereits zu spät: "Jede Bremsung, die wir jetzt machen, wird uns trotzdem vor der Wand nicht mehr stoppen."

Monika Baumgartner-Schneider, Leiterin des Gesundheitsamts, spricht von einem diffusen Infektionsgeschehen und Inzidenzen, die wohl in den kommenden Wochen noch weiter ansteigen werden. Gleichzeitig berichtet der ärztliche Direktor vom Helios-Amper-Klinikum, Hjalmar Hagedorn, schon jetzt von einer Überbelegung und zu wenig Personal. Längst fährt ein Rettungswagen nicht mehr das nächste Krankenhaus an, vielmehr fahren die Einsatzkräfte teilweise in weit entfernte Krankenhäuser. Das kann dazu führen, dass man in Dachau bis zu 30 Minuten auf den Notarzt warten muss.

Triage ist nicht mehr graue Theorie

Denn die Lage in Dachau ist nicht einzigartig; alle Krankenhäuser sind voll. Und es ist nicht nur die Bevölkerung die erkrankt, bei den regelmäßigen Tests, denen sich das Krankenhauspersonal unterzieht, sind immer mehr positive Befunde dabei. Im Umkehrschluss bedeutet das: Noch einmal weniger Personal. Die Notwendigkeit einer Triage, sie ist laut Alexander von Freyburg, Leiter der Notaufnahme, damit längst nicht mehr graue Theorie.

Die Nachverfolgung alle Kontaktpersonen hat Baumgartner-Schneider längst eingestellt. "Das macht ja auch gar keinen Sinn, wenn alles offen hat." Stattdessen versuche man zu priorisieren und setze auf die "Eigenverantwortlichkeit der Bürger". Ergänzend dazu will die Polizei gemeinsam mit dem Gesundheitsamt ab diesem Freitag verstärkt kontrollieren. Hans-Ulrich Braun, hausärztlicher Sprecher, setzt seine Hoffnung in die Tests, die nun offenbar doch bald wieder kostenlos möglich sein sollen. Von einer 2G-Regel in Gaststätten und Hotels halten indes weder Michael Groß, der Dehoga-Kreisvorsitzende, noch Landrat Löwl allzu viel. De facto seien nämlich zum einen ohnehin alle geimpft, die kämen. Zum anderen sei die Durchmischung anders als in einer Disco, wo ohnehin 2G gilt, nicht so stark gegeben.

Die einzig erfreuliche Nachricht ist wohl, dass die Impfbereitschaft stark zugenommen hat in den vergangenen Tagen. Und, das betont der Apothekensprecher Maximilian Lernbecher: "Es gibt keinen Grund, einen Impfstoffmangel heraufzubeschwören." Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass es noch Mitte November, Anfang Dezember dauern wird, bis die Kapazitäten wieder auf 3000 Impfdosen pro Woche hochgefahren werden können. Damit es trotzdem nicht zu langen Warteschlangen bei den Terminen der mobilen Impfteams kommt - an dem dezentralen Konzept will der Landkreis festhalten -, kann man sich ab Montag wieder nur mit einem vorab über das Portal BayIMCO vereinbarten Termin impfen lassen. Ab Samstag soll der Link über die Homepage des Landratsamts wieder abrufbar sein. Die Möglichkeit eines "Drive-in-Impfens" lässt Landrat Löwl gerade prüfen.

© SZ vom 12.11.2021 / jala - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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