Dachau:Anderswo leben Rentner besser

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Im Bundesvergleich geht es älteren Menschen im Landkreis wesentlich schlechter. Die Caritas fordert Maßnahmen gegen die Altersarmut.

Von Moritz Köhler, Dachau

Rentner im Landkreis erhalten eine unterdurchschnittliche Rente - und können sich von dem, was sie bekommen, weniger leisten als Senioren in anderen Teilen der Bundesrepublik. Das geht aus einer Studie des Forschungsunternehmens Prognos hervor. Die Experten im Landkreis sind sich allerdings nicht einig, ob Altersarmut im Dachauer Land zu einem Problem werden wird oder gar schon existiert. Während das Caritas-Zentrum und der Mieterverein Dachau vor einer gefährlichen Entwicklung warnen, sieht das Landratsamt derzeit keinen Grund zur Beunruhigung. Klarheit dürfte der Armutsbericht bringen, den der Landkreis in Auftrag gegeben hat.

Eine Rente von 1000 Euro ist nicht überall gleich viel wert. Rentner im Landkreis haben von ihrer Rente vergleichsweise wenig. Bei einem Einkommen von 1000 Euro verfügen sie der Prognos-Studie zufolge über eine Kaufkraft von gerade einmal 861 Euro. Die Kaufkraft gibt an, welche Gütermenge von einem bestimmten Geldbetrag gekauft werden kann. Dazu wird ein repräsentativer Warenkorb zusammengestellt, der die typischen Güter enthält, die von einem Haushalt bezahlt werden müssen. Dazu zählen beispielsweise Wohnungsmiete und Stromrechnung. Die Studie wertet Ausgaben für die Gesundheitspflege stärker, die für Verkehrsmobilität schwächer. So wird der Wert der Kaufkraft für Senioren aussagekräftiger.

Hohe Mietkosten

Während etwa Bewohner des Landkreises Holzminden in Niedersachsen mit 1000 Euro Rente über eine Kaufkraft von 1159 Euro verfügen, können sich die Einwohner Münchens bei gleicher Rentenhöhe lediglich Waren im Wert von 767 Euro leisten. Die Studie zeigt, dass Rentner in Bayern im bundesweiten Vergleich am meisten für den Lebensunterhalt bezahlen müssen: Sieben der zehn teuersten Regionen Deutschlands liegen hier. Am teuersten lebt man in der Stadt und im Landkreis München. Der Landkreis Dachau liegt im bundesweiten Vergleich auf dem siebten Platz. Hier ist das Leben rund 16 Prozent teurer als im Bundesdurchschnitt.

Das liege vor allem an den hohen Mietkosten, sagt Wolfgang Gartenlöhner, im Landratsamt zuständig für Senioren. "Im gesamten Münchner Umland sind die Lebenshaltungskosten deutlich über dem deutschen Durchschnitt." Zudem erhalten Rentner im Landkreis einen vergleichsweise geringen Rentenbetrag. Zwar besteht die Rente aus maximal 48 Prozent des letzten Monatsgehalts. Eben dieses letzte Monatsgehalt ist in ländlichen Regionen aber relativ niedrig. Dennoch gebe es hier nicht mehr Altersarmut als andernorts, sagt Gartenlöhner. "Ich sehe nicht, dass hier eine große Gefahr von Altersarmut ausgeht." Zur Armut seien keine verlässlichen Zahlen vorhanden, das mache eine konkrete Aussage schwierig: "Natürlich gibt es Senioren, die sich weniger leisten können, aber alle kommen über die Runden", meint Gartenlöhner. Allerdings fehle vielen Rentnern das Geld, um an Veranstaltungen teilzunehmen, räumt Gartenlöhner ein. Um diese Menschen zu unterstützen, hat das Landratsamt die sogenannte Kulturloge eingeführt. Die gibt unter anderem kostenlose Theaterkarten aus.

Altersarmut trifft Frauen öfter

Beate Deuter hingegen sieht in der Altersarmut ein akutes Problem. Sie berät im Caritas-Zentrum Senioren. "Dachauer Rentnern droht nicht nur in Zukunft Armut. Das Problem existiert bereits." Sie betont, dass im ländlichen Raum die Einkommen geringer sind. Das hat negative Auswirkungen auf die Rente. Große Probleme haben demnach Frauen. "Viele haben nie gearbeitet und in die Rentenkasse eingezahlt", erklärt Deuter. "Wenn der Mann als Versorger stirbt, fehlt es den früheren Hausfrauen an Geld." Frauen erhalten im Landkreis im Schnitt eine Rente von 604 Euro pro Monat, bei den Männern sind es 1111 Euro, also 507 Euro mehr. Beide liegen damit unter dem oberbayerischen Durchschnitt. Dieser beträgt bei Rentnerinnen 614 Euro, bei Rentnern 1026 Euro.

Ein großer Teil von Deuters Arbeit besteht aus Verhandlungen mit Vermietern. "Die Mieten sind in Dachau hoch, zu hoch für viele Rentner. Deshalb wollen Vermieter Menschen loswerden, die gerade ihre Rente beantragt haben", sagt Deuter. Wolfgang Winter vom Mieterverein Dachau kennt die prekäre Lage. Er führt häufig Beratungsgespräche mit Senioren, die sich die Kosten für ihre Mietwohnung nicht mehr leisten können. "Die Mieten im Münchner Umland sind sehr hoch. Das bedeutet Probleme - gerade für Leute, die schon wenig haben. "

Das Rentenniveau sinkt

Die Zukunft sehen sowohl Deuter als auch Winter kritisch. 2015 erhielten 543 Menschen im Landkreis Grundsicherung. Vor zehn Jahren waren es 290. Das geht aus den Zahlen des Statistischen Landesamtes hervor. Das ohnehin geringe Rentenniveau werde weiter fallen, so Deuter. Nun kommen die geburtenstarken Jahrgänge von 1955 bis 1969. Das werde das Rentensystem überlasten, viele Senioren fallen in Altersarmut, sagt Deuter. Winter bestätigt: "Der jetzigen Generation geht es im Vergleich noch sehr gut."

© SZ vom 20.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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