Busfahren in und um München:"Sie sind das Rückgrat des Verkehrs"

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Zum dritten Mal küren die Landkreisredaktionen der "Süddeutschen Zeitung" gemeinsam mit dem MVV die Busfahrerinnen und Busfahrer des Jahres. Die Aktion soll auch für das Berufsbild werben, denn für den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs braucht es Personal

Von Karin Kampwerth, München

Busfahren verbindet. Nicht nur Glonn mit Grafing, Wolfratshausen mit Geretsried oder Fürstenfeldbruck mit Gröbenzell. Auch Menschen finden per Bus zueinander. Wie Annemarie Stultz und Edith Wölk. Stultz, Rentnerin aus Dachau, fährt jeden Sonntag mit dem Bus nach Starnberg, "Millionäre anschauen", sagt sie mit einem Augenzwinkern am Dienstagabend in der Panorama-Lounge der Süddeutschen Zeitung. Die andere, Edith Wölk, wohnt in Starnberg und fährt innerhalb der Gemeinde mit dem Bus. Einkaufen, spazieren gehen oder mit den Enkeln. Wölk sagt zu Stultz: "Wenn Sie das nächste Mal nach Starnberg kommen, müssen Sie mich besuchen." Dann stoßen beide mit einem Glas Prosecco auf die neue Bekanntschaft an.

In Feierlaune waren aber auch die anderen circa 80 Gäste, die sich im 26. Stock des SZ-Turms versammelt haben, um die Busfahrerinnen und Busfahrer des Jahres zu küren. Zum dritten Mal hatten die acht Landkreisausgaben der SZ gemeinsam mit dem MVV die Auszeichnung ausgelobt. Im vergangenen Oktober waren dazu mehr als 30 Artikel erschienen, die den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) kritisch betrachteten, sich mit den Wünschen, Sorgen oder Ärger der Fahrgäste beschäftigten - und Busfahrer und Busfahrerinnen porträtierten, die laut MVV-Geschäftsführer Bernd Rosenbusch nicht nur das Rückgrat des Verkehrs seien, sondern auch, wie er launig hinzufügte, seine Beschäftigungsgaranten. "Ohne Sie, liebe Busfahrerinnen und Busfahrer, hätte ich keinen Job", sagte Rosenbusch.

Der MVV-Chef ist selber bekennender Busfahrer und lobte die Linie X 900, die er nutze, um öffentlich auf dem schnellsten Weg von Starnberg nach Fürstenfeldbruck zu kommen. Auch sein Sohn fahre lieber Bus als S-Bahn, was möglicherweise aber an der Unzuverlässigkeit des zweiten Verkehrsmittels liegen könnte.

Mit Blick auf die jungen Gäste, die an diesem Abend nach München gekommen waren, weil sie oder ihre Eltern an der Wahl der Busfahrerinnen und Busfahrer des Jahres teilgenommen und den Fahrgastpreis gewonnen hatten, warb Rosenbusch für Nachwuchs: "Ich hoffe, dass alle Jüngeren Busfahrer werden wollen." Schließlich solle die Aktion auch für das Berufsbild werben, weil auf 750 Linien inzwischen mehr Busse in den Landkreisen als in der Landeshauptstadt fahren.

Dass sich beim ÖPNV viel getan habe, lobte auch der Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß (CSU) als Sprecher der MVV-Landkreise. Die "Quantensprünge" der vergangenen Jahre seien ein großes Anliegen, weil die Region weiter wachse. Wie dringend die Verkehrswende sei, könne man jeden Morgen und jeden Abend angesichts des Verkehrskollapses auf den Straßen rund um München beobachten.

Die Zusammenarbeit zwischen MVV und Landkreisen bezeichnete Niedergesäß als Erfolgsgeschichte.1996 etwa seien auf den Regionalbuslinien 17 Millionen Kilometer im Jahr gefahren worden. Zum aktuellen Fahrplanwechsel seien es 45 Millionen Kilometer. "Das ist eine Zahl, die muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen." Niedergesäß lobte aber auch die Busunternehmen in den Landkreisen, die im Auftrag des MVV die Linien bedienen. Schließlich aber seien es die Busfahrerinnen und Busfahrer, die von den Fahrgästen gebraucht werden, um sicher und pünktlich zur Arbeit oder in die Schule zu kommen. Für den weiteren Ausbau des ÖPNV brauche es genau diese Menschen, die sich dafür begeistern können.

(Foto: oh)

So wie die sechs Busfahrer und zwei Busfahrerinnen, die von etwa 1000 Teilnehmern der Fahrgastbefragung zu den besten und beliebtesten gewählt worden sind. Aus guten Gründen, von denen MVV-Chef Rosenbusch einige herausgesucht hat. Wie etwa die Freisinger Busfahrerin Paula Budas, die dafür gelobt wurde, dass sie warte, wenn sie sehe, dass man mit dem Rollator nicht so schnell an der Haltestelle sei. Oder Philipp Müller aus Dachau, der von seinen Fahrgästen noch das Prädikat "coolster Busfahrer" des Jahres verliehen bekam.

Dass aber Busfahrer nicht nur andere Menschen und Orte miteinander verbinden, sondern auch selbst ihr Glück finden, dafür ist der Ebersberger Gewinner-Busfahrer Hans Kanter das beste Beispiel. Denn wo hat Kanter seine Verlobte kennengelernt? "Natürlich im Bus", wie Rosenbusch verriet.

© SZ vom 30.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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