Bürokratie erschwert Integration:Arbeitsgenehmigung nicht erteilt

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Die Dachauer Konditorei Weißenbeck hat 2015 Josef Sonko aus dem Senegal als Auszubildenden eingestellt. Obwohl Senegal als sicher gilt. (Foto: Niels Jørgensen)

Immer neue Bedingungen und Formalitäten machen es Flüchtlingen schwer, eine Tätigkeit aufzunehmen. Dabei könnte das Handwerk im Landkreis die jungen Leute als Verstärkung in seinen Betrieben gut gebrauchen

Von Viktoria Großmann, Dachau

Asylsuchenden eine Arbeit zu vermitteln, sei schwieriger geworden, beklagen die Helferkreise im Landkreis. Das Landratsamt verlange von Arbeitssuchenden nun Nachweise über Integrationsbemühungen und bestelle außerdem potenzielle Arbeitgeber zu einem Termin in der Behörde ein. Die Helfer befürchten, dass das abschreckt. Zudem hätten sie früher oft in wenigen Tagen eine Arbeitsgenehmigung für die Flüchtlinge erhalten, heute dauere es mehrere Wochen. Bis dahin hätten die Arbeitgeber das Interesse verloren.

"Es ist schwer genug, Arbeitgeber zu überzeugen", sagt Joachim Jacob vom Helferkreis in Petershausen. Wie auch Max Eckardt vom Helferkreis Karlsfeld fühlt er sich durch die neue Linie im Landratsamt in seiner Helfertätigkeit eher behindert, als unterstützt. "Es sind doch nicht die Jobcenter, die den Flüchtlingen Arbeit vermitteln. Das machen im Wesentlichen wir, die Ehrenamtlichen." Eckardt sagt: "Die Arbeitsgruppe, die für Jobs zuständig ist, war zuletzt sehr schwer zu motivieren. Wir laufen doch nur gegen Mauern."

Allein dem Landratsamt lasten die Helfer das nicht an. Die Dachauer Behörde habe ihren Ermessensspielraum stets großzügig genutzt, das betonen alle Helfer. "Es gibt von der bayerischen Staatsregierung keine nachvollziehbare Linie", sagt Eckardt. "Alles wird immer wieder geändert, es gibt einfach keine gesicherten Verhältnisse." Konkret geht es den Helfern um jene Flüchtlinge, die eine sogenannte schlechte Bleibeperspektive haben, etwa weil ihre Herkunftsländer als sicher gelten. Auch Arbeitsgenehmigungen für Flüchtlinge, deren Anträge schon abgelehnt wurden, werden gestellt.

Durch Nichtstun wächst der Frust

Denn viele bleiben auch nach dem Ablehnungsbescheid aus verschiedenen, oft bürokratischen Gründen noch im Land. Derzeit zum Beispiel werden keine Afghanen ausgewiesen. Niemand soll nur herumsitzen, das ist das Ziel der Helfer und auch der Betroffenen. Durch Nichtstun wächst nur der Frust, und die Stimmung in den Unterkünften wird schlechter. In Ebersberg waren Ende Mai zwölf Asylsuchende vor dem Landratsamt in einen Hungerstreik getreten. Sie wollten darauf aufmerksam machen, dass sie arbeiten wollen, aber nicht dürfen.

Industrie- und Handelskammer und die Handwerkerinnungen fordern schon lange, den Zugang zum Arbeitsmarkt für Flüchtlinge zu erleichtern. Der Fachkräftemangel und vor allem der Mangel an Auszubildenden in vielen Berufen müsse behoben werden, das könne wenigstens zum Teil gelingen, wenn die meist jungen Männer auf den Arbeitsmarkt geholt werden. In einem im Mai veröffentlichten Positionspapier fordert der Zentralverband des deutschen Handwerks ein Einwanderungsgesetz und die "Ausweitung der Beschäftigungsmöglichkeiten für ausländische Auszubildende und für beruflich qualifizierte ausländische Fachkräfte".

"Arbeitswilligkeit ist Integrationsbereitschaft genug", sagt ein Helfer

"Bei uns gilt die klare Vorgabe, unser Ermessensspielraum so großzügig und wohlwollend wie möglich zu nutzen", erklärt der Sprecher des Dachauer Landratsamtes, Wolfgang Reichelt. Durch die genauen Einzelfallprüfungen, die nur bei Anträgen von Flüchtlingen mit schwieriger Bleibeperspektive gemacht werden, erhöhe sich letztlich deren Chance auf eine Arbeitserlaubnis. Die Integrationsbemühungen, die nachgewiesen werden sollen, seien dabei nur eines von mehreren Kriterien. So eine Bemühung kann etwa durch eine Vereinsmitgliedschaft nachgewiesen werden.

Absurd, finden die Helfer. Vereinsmitglied zu werden sei unter Umständen schwieriger, als einen Job zu finden. "Wenn einer arbeiten will, dann zeigt er doch, dass er am gesellschaftlichen Leben Anteil nimmt", sagt Eckardt. Für jeden Flüchtling nachzuvollziehen, wann er wie lange an einem Kurs bei den Ehrenamtlichen teilgenommen hat, "wäre ein riesiger bürokratischer Aufwand", sagt der Karlsfelder Helfer. Häufig genug handele es sich bei den Jobs doch ohnehin um Hilfsarbeiten wie Putzen, für die kaum jemand gefunden werden könne.

Meist vermitteln die Helfer die Jobs. Nicht die Arbeitsagentur

Joachim Jacob findet, dass sich das Landratsamt ein bisschen mehr auf die Expertise der Helfer verlassen könnte. "Wir überlegen uns, wen wir zu welchem Arbeitgeber schicken können. Es ist in unserem Interesse, dass das Arbeitsverhältnis funktioniert, wir brauchen ja gute Kontakte." Vor allem, dass Arbeitgeber im Landratsamt vorstellig werden müssen, wenn sie Flüchtlinge mit geringer Aussicht auf Anerkennung einstellen wollen, stört die Helfer.

Reichelt erklärt, das Landratsamt folge damit nur dem Druck von Arbeitgeberseite, dass diese besser informiert werden wollten. "Da reicht es doch auch, wenn der Arbeitgeber ein Formular unterschreibt, dass er weiß, worauf er sich einlässt", findet Jacob. Einen Ausschlag für die Regelung habe Bäcker Thomas Polz aus Ampermoching gegeben, erklärt Reichelt. Polz hatte sich auf eine Arbeitserlaubnis eines Mitarbeiters verlassen, die bis 2019 galt. Er musste aber dann feststellen, dass der Abschiebebescheid diese aufhebt. Doch Bäckerin Sabine Polz sagt zu den neuen Vorgaben nur seufzend: "Ach, das ist doch nur wieder eine Hürde mehr."

Wolfgang Reichelt gibt allen nur einen Rat mit auf den Weg: "Je früher im Verfahren die Arbeitsgenehmigung beantragt wird, desto besser."

© SZ vom 13.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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