Ausstellung in Bergkirchen:Bunte Bilder, die von Krieg und Flucht erzählen

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"Die afrikanische Mutter" hat Künstler Diop Elhadji dieses Gemälde genannt. Es ist zusammen mit anderen Werken von Geflüchteten in einer Ausstellung im Bruggerhaus in Bergkirchen zu sehen. (Foto: Toni Heigl)

"Zusammen in Vielfalt" heißt die Ausstellung im Bruggerhaus in Bergkirchen, bei der Volkshochschule und Sozialbüro Werke von Geflüchteten präsentieren. Die Bilderschau regt auch zum Nachdenken an.

Von Dorothea Friedrich, Bergkirchen

Wer die gerade mal wieder hochkochende Diskussion um die sogenannte Aufnahmekapazität für geflüchtete Menschen verfolgt, sollte sich unbedingt die aktuelle Ausstellung "Zusammen in Vielfalt" in der Volkshochschule (VHS) Bergkirchen anschauen. Warum? Weil ihm auf den ersten Blick bunte und farbenfreudige Bilder zeigen, was es bedeutet, aufgrund von Krieg, Not und Verfolgung die Heimat verlassen zu müssen.

Die VHS Bergkirchen und das IMA-Team des Landratsamtes haben diese Ausstellung ermöglicht. IMA ist übrigens das Kürzel für "Integration mit Augenmaß". Getragen wird diese Initiative von ehrenamtlichen Mitarbeitenden, die Aktionen und Vorhaben zur Integration von Geflüchteten initiieren, begleiten und unterstützen. In der Vergangenheit kamen diese Menschen zu einem Großteil aus afrikanischen Ländern, von ihnen stammen deshalb auch viele der Bilder, die an diesem Abend gezeigt werden. Fast ein wenig versteckt sind zudem einige Bilder von jungen ukrainischen Geflüchteten zu sehen, die bei einem Kunstprojekt mit dem Maler Heinz Eder entstanden sind. Die Ukrainerinnen und Ukrainer standen am vergangenen Donnerstag im Gewusel der Vernissage-Gäste, zu denen auch Bergkirchens Bürgermeister Robert Axtner (CSU) und viele ehrenamtliche Asylhelferinnen und -helfer gehörten, eng beieinander. Die Verständigung funktioniert bestens, verbal und nonverbal.

Egal, woher die Flüchtlinge kommen, die Motive ähneln sich

Ihre Motive ähneln denen der afrikanischen Künstler: Krieg, Vertreibung, Erinnerungen an die Schönheit der verlorenen Heimat und Hoffnung auf eine neue. Mit ihrer kurzen Eröffnungsrede zeigte die stellvertretenden Landrätin Marese Hoffmann (Grüne), warum diese Bilderschau so wichtig ist: Es sei unglaublich, "dass die Künstler zeigen, wie es ihnen geht", sagte sie. Alleine von Januar bis September seien rund 1000 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken. "Wie kann man das aushalten, ohne zu verzweifeln? Das sind Brüder, Schwestern, kleine Kinder", sagte Marese Hoffmann. Zur Ergänzung: In diesem Jahr sind bekanntlich bislang rund eine Million Menschen aus der Ukraine geflohen, mehr als 35 000 aus Syrien, etwa 23 000 aus Afghanistan und 11 000 aus dem Irak.

Es geht bei den Werken nicht nur um Krieg, Trauer und Angst, es geht oft auch um die Schönheit der verlorenen Heimat. (Foto: Toni Heigl)
"Die drei Gesichter" hat Diop Elhaji dieses Bild genannt: "Der Spiegel zu deinem Glück, zu deiner Traurigkeit und zu deiner Ergriffenheit." (Foto: Toni Heigl)
Manche der Gemälde in der Ausstellung sind im kubistischen Stil gehalten, sie regen besonders zum Nachdenken an. (Foto: Toni Heigl)

Dass das Elend mit der Ankunft im vermeintlich sicheren Deutschland noch lange nicht zu Ende ist, machte Diop Elhadji deutlich. Der Senegalese mit dem Künstlernamen "Macou" ist ausgebildeter Fliesenleger und hat in seinem Heimatland auch Kunstunterricht erhalten. Und nun? Er lebe mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern seit dem Jahr 2013 in der Flüchtlingsunterkunft in Gröbenzell, erzählte er. Diop Elhaji hat ein Arbeitsverbot, weil er aus einem sogenannten "sicheren Herkunftsland" stammt, also grundsätzlich jederzeit abgeschoben werden kann. "Die Situation ist nicht einfach", drückt er seine Lage diplomatisch aus und fügt hinzu: "Wir haben keine Lösung. Hätte ich eine Ausbildung oder eine Arbeitserlaubnis, könnte ich meine Familie ernähren."

In seinen Bildern verarbeitet Diop Elhadji seine Traumata und seine Hoffnungen. Gefragt, welches seiner Bilder ihm am wichtigsten sei, zeigt er auf eines, auf dem eine junge Frau zu sehen ist. Sie hat dem Betrachter den Rücken zugekehrt, wirkt innerlich und äußerlich zerbrochen und schaut aus einer vergitterten Türöffnung. Das Bild trägt den Titel "Vergewaltigung", und Diop sagt: "Das zeigt, wie viele Frauen und Mädchen in der eigenen Familie vergewaltigt werden. Niemand spricht darüber. Und die Frauen haben keine Chance auf Gerechtigkeit."

Kleine Texte machen die Bilder noch persönlicher

Nur ein paar Schritte weiter hängt ein Bild mit einer Anmutung von Pablo Picassos kubistischer Phase. Es zieht die Blicke geradezu magisch an, sticht es doch aus den sonstigen Sujets heraus. "Die drei Gesichter" hat Diop Elhaji es genannt und - wie neben all seinen Werken - gleich eine Erklärung dazu geschrieben: "Der Spiegel zu deinem Glück, zu deiner Traurigkeit und zu deiner Ergriffenheit." Es lohnt sich, diese kurzen Texte, die aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt worden sind, zu lesen. Denn so verschmelzen Buchstabe und Farbe zu einem sehr persönlichen Ganzen.

In diese Ausstellung sollte man Zeit und Aufmerksamkeit investieren. Da sind beispielsweise ein stolzer Pfau von Aliou Diallo oder wunderschöne afrikanische Models zu sehen, die die andere Seite des Kontinents zeigen, eine Seite, die hierzulande nur zu gerne übersehen wird. Omar Jola hat alte und neue Heimat in "Mama Afrika" zusammengefügt: eine halb streng, halb gütig blickende Afrikanerin vor einer deutschen Flagge. Es gibt bedrückende und berückende Szenerien - und die unausgesprochene Aufforderung zum Nachdenken: Würden wir nicht auch einen sicheren Hafen suchen, wenn bei uns Krieg, Verfolgung und Not herrschten? Und würden wir uns dann nicht auch eine gute Perspektive wünschen?

Die Ausstellung "Zusammen in Vielfalt" ist noch bis 19. Februar im VHS-Bereich und Sozialbüro im Bruggerhaus, Römerstraße 3, in Bergkirchen zu sehen.

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