Bauernverband:Allein auf weiter Flur

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Preisdruck, Klimawandel und immer strengere Auflagen: Der Tod des Bauern-Obmanns Anton Kreitmair trifft den 1400 Mitglieder starken Kreisverband Dachau in einer ohnehin schwierigen Phase. Viele Hoffnungen ruhen nun auf seinem Stellvertreter Simon Sedlmair

Von Benjamin Emonts, Dachau

Der Schmerz und die Trauer über den Tod von Anton Kreitmair sitzen bei den Bauern im Landkreis Dachau immer noch tief. Kreitmair, der Mitte September im Alter von 57 Jahren an einer schweren Krebserkrankung gestorben ist, hatte sich jahrelang als Kreisobmann und Bezirkspräsident im Bayerischen Bauernverband (BBV) nach Kräften für die Landwirte eingesetzt. Nach seinem Tod müssen sich der Bezirks- und der Dachauer Kreisverband nun neu sortieren. Am Dienstag, 10. November, sollen zunächst 65 Bauernobmänner aus dem Landkreis Dachau seinen Nachfolger als Kreisobmann wählen. Der Verband sucht noch nach einer geeigneten Gastwirtschaft, in der die Versammlung mit dem gebotenen Abstand stattfinden kann.

Kreitmair, der eine Landwirtschaft in Kleinberghofen betrieb, hat in dem Bauernverband eine große Lücke hinterlassen. Er galt als "visionärer Vordenker" und "streitbarer Kämpfer", so beschrieb ihn der Bayerische Bauernpräsident Walter Heidl auf der Beerdigung. Für die Bauern aus dem Landkreis war Kreitmair vor allem ein Sprachrohr, ein Bindeglied zwischen Basis und Politik. Als ehemaliger Landtagsabgeordneter (2013 bis 2018) pflegte er bis zuletzt enge Beziehungen ins Landwirtschaftsministerium in München. Die Anliegen und Sorgen der Bauern brachte Kreitmair dort regelmäßig vor.

Sein Tod fällt in eine ohnehin schwere Zeit für die Bauern. Die Verbandsarbeit ist durch die Pandemie deutlich erschwert. Alle größeren Zusammenkünfte, wie sie die Landwirte sonst zelebrierten, sind bis auf weiteres gestrichen, auch der obligatorische Kreisbauerntag im November. Die Stimmung unter den Bauern ist trotz der passablen Ernte in diesem Jahr generell schlecht. Viele Landwirte fühlen sich von der Gesellschaft als Sündenbock für Umwelt- und Tierprobleme hingestellt. Durch das neue Artenschutzgesetz und strenger werdende Auflagen sehen sie sich in ihrer Arbeit beeinträchtigt. Die sinkenden Preise für Fleisch und Milch setzen ihnen zu. Anton Kreitmair hatte auf der alljährlichen Bauernversammlung im vergangenen November betont, dass die Stimmung der Bauern so schlecht sei wie nie zuvor. Und grundlegend geändert hat sich an dieser Situation seither nichts.

Ein Ansprechpartner und Interessenvertreter wird folglich dringend gebraucht. Die turnusmäßige Wahl des Kreisobmanns als auch des Bezirkspräsidenten findet jedoch erst im Dezember 2021 statt. Die Statuten des Bauernverbands aber verlangen, dass beide Posten nicht länger als ein halbes Jahr vakant bleiben dürfen. Die Wahl des Bezirkspräsidenten soll nach Auskunft des Bauernverbands Ende November stattfinden, damit der neue Dachauer Kreisobmann sogleich seine Stimme abgeben kann. Insgesamt sind 150 Personen aus den Kreisvorständen der oberbayerischen Landkreise wahlberechtigt. Der Verband steht aktuell in Kontakt mit dem Gesundheitsministerium, um zu klären, wie und wo die Wahl in Zeiten der Pandemie stattfinden soll. Vertreten wird Kreitmair als Bezirkspräsident bis dahin von Wolfgang Scholz. Seinen Vorsitz in den Landesfachausschüssen für ökologischen Landbau, Steuerfragen sowie nachwachsende Rohstoffe und erneuerbare Energien haben Kreitmairs jeweilige Stellvertreter kommissarisch übernommen. Wer aber könnte im Kreisverband Dachau mit seinen 1400 Mitgliedern und 450 Vollerwerbslandwirten die Nachfolge antreten? Grundsätzlich ist das Rennen offen, alle 65 Obmänner können zur Wahl antreten. Die Zahl der Interessenten jedoch ist dem Vernehmen nach eher gering, zumal die Landwirte mit ihren eigenen Höfen genug zu tun haben. Als aussichtsreicher Kandidat jedoch gilt Simon Sedlmair, der nach eigener Auskunft bereit wäre, das Amt zu übernehmen. Sedlmair, 62, war 15 Jahre lang Kreitmairs Stellvertreter und führt den Verband derzeit interimsmäßig. In Puchschlagen betreibt er mit zwei Söhnen einen konventionellen Milchviehbetrieb mit 300 Tieren. Im Jahr 2001 hat er im Landkreis eine Liefergemeinschaft für Milch gegründet, die 60 Betriebe zählt und jährlich 28 Millionen Liter Milch liefert. Politisch engagiert sich Sedlmair seit 2014 im Gemeinderat von Schwabhausen bei den Freien Wählern. Ein erster Verwaltungsakt wurde unter seiner Ägide im Bauernverband bereits beschlossen. Aus Kostengründen werden bis zum Ende des Jahres die angemieteten Geschäftsräume des Dachauer Kreisverbands in der Newtonstraße aufgelöst und in eigene Räume nach Fürstenfeldbruck verlegt. Kreitmair hatte die Entscheidung vor wenigen Wochen noch mitgefällt, obwohl er von seiner Krankheit bereits schwer gezeichnet war.

Politisch ist die Nachfolge Kreitmairs geregelt. Im Dachauer Kreistag, dem er seit 2002 angehörte, wird seinen Platz Stefan Handl (CSU) einnehmen, stellvertretender Bürgermeister von Karlsfeld. Er wurde auf der Sitzung am Freitag vereidigt.

© SZ vom 10.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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