Aus dem Gericht:Knapp sieben Jahre Haft für Kindesmissbrauch

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Die Verhandlung wird am 17. August fortgesetzt. (Foto: Patrick Seeger/dpa)

Mehrfach vergeht sich ein Lagerist an einem achtjährigen Mädchen. Es waren nicht seine ersten Delikte dieser Art

Von Andreas Salch, Dachau/München

Inzwischen ist der Angeklagte 50 Jahre alt, und seit etwa 25 Jahren weiß er, dass er eine Neigung hat, die ihn nun für fast sieben Jahre hinter Gitter bringen wird. Er fühlt sich zu kleinen Mädchen hingezogen. Über den Jahreswechsel 2019/2020 war der Mann, der zuletzt als Lagerist arbeitete, bei der früheren Partnerin seines Bruders eingeladen, die mit ihren Kindern im Landkreis Dachau wohnt. Ob er über Heiligabend und Silvestern nicht vorbeikommen wolle, hatte die Mutter den Lageristen gefragt. Drei Tage vor Heiligabend kam er schließlich.

Zu diesem Zeitpunkt stand der 50-Jährige bereits wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern unter offener Bewährung. Ob ihm denn nicht bewusst gewesen sei, dass er sich mit dem Besuch aufgrund seiner Neigung in Gefahr begeben werde, fragte Richter Martin Hofmann den Lageristen am Montag zu Beginn des Prozesses vor der 4. Strafkammer am Landgericht München II. "Nein", antwortete der, und fügte hinzu: Er habe nicht geplant gehabt, "etwas zu machen". In den Tagen vom 21. bis 26. Dezember sowie zwischen dem 30. Dezember und dem 1. Januar 2020 verging sich der Lagerist fünfmal an der achtjährigen Tochter seiner Gastgeberin. Zwischen dem ersten und zweiten Besuch war er zur Arbeit gegangen.

Auch wenn er angeblich nichts "geplant" hatte - schon beim ersten der beiden Besuche über Weihnachten näherte sich der Angeklagte dem Mädchen. Das habe sich so "beim Basteln ergeben", erklärte er den Richtern bei seiner Vernehmung. Zunächst seien es "leichte Berührungen" gewesen. Dann sei es "mehr geworden". An Heiligabend habe er sich dem Kind dann auch "sexuell genähert". Die Achtjährige sei nach dem Aufwachen zu ihm ins Bett gekommen. Warum er trotzdem dann nochmals die frühere Lebensgefährtin seines Bruders vom 30. Dezember bis zum 1. Januar besucht habe, hakte Richter Hofmann nach. Das wisse er auch nicht, antwortete der Lagerist. Die Mutter und deren neuer Lebensgefährte hatten von alldem zunächst nichts mitbekommen.

Am Neujahrstag 2020, dem Tag seiner Abreise, machte der 50-Jährige von dem Mädchen zudem noch ein Foto. Zuvor hatte er es aufgefordert, sich auszuziehen. Die Aufnahme übertrug er laut Anklage später auf seinen PC und speicherte das Foto in 24-facher Ausfertigung ab. Für kurze Zeit soll der Lagerist die Aufnahme laut Anklage dann als Hintergrundbild für den Desktopbildschirm seines PCs verwendet haben.

Nach einem Rechtsgespräch zwischen den Richtern, Staatsanwalt Marc Heim und Verteidiger Christian Gerber erklärte Richter Martin Hofmann, dass die Kammer dem Antrag der Staatsanwaltschaft im Hinblick auf die zu verhängende Strafe folgen werde. Sollte der Lagerist die Taten einräumen, werde er eine Haftstrafe zwischen sechs Jahren beziehungsweise sechs Jahren und neun Monaten fordern, hatte Anklagevertreter Marc Heim in dem Rechtsgespräch angekündigt. Nach einer Unterredung mit seinem Verteidiger räumte der Lagerist die Vorwürfe aus der Anklage schließlich vollumfänglich ein. Ob das Gericht zudem die noch viel schwerwiegendere Maßnahme der anschließenden Sicherungsverwahrung anordnet, ist noch offen. Dies wird vom Gutachten eines psychiatrischen Sachverständigen abhängen. Er soll an einem der folgenden Prozesstage gehört werden.

In der Haft will der Lagerist eine Sexualtherapie machen. "Ich will, dass die Neigung zu Kindern weggeht", sagte er. In der Vergangenheit hatte der 50-Jährige eine solche Therapie bereits begonnen, sie aber wieder abgebrochen.

© SZ vom 12.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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