Bürgerversammlung:Frisch bezogen und schon im Stress

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Noch lange nicht fertig bezogen und doch schon im Verkehrsstress: Freiham. (Foto: Stephan Rumpf)

Die ersten Bewohner Freihams und ihre Aubinger Nachbarn entdecken zunehmend die Probleme, die eine derartige Großsiedlung mit sich bringt. Die Bürgerversammlung fordert eine bessere Infrastruktur - vom Kino bis zum Schwimmbad.

Von Ellen Draxel

In Freiham werden einmal mehr Menschen wohnen als derzeit in Lindau. Oder Kulmbach. Oder Garmisch-Partenkirchen. An die 30 000 Menschen, die eine Infrastruktur brauchen, über Straßen, Schulen, Kindertagesstätten und Einkaufsmöglichkeiten hinaus. Eine Freizeit-Infrastruktur, die - so sehen es zumindest die Bewohner des Stadtbezirks - mehr bieten sollte als das, was bereits geplant ist. "Wenn ich die Baustelle mit den vielen Kräne sehe, frage ich mich, was mit den Kindern der vielen Freihamer Familien passiert, wenn sie ins jugendliche Alter kommen", sagt Ulrike Parusel. "Wir haben hier kein Kino, keine Schwimmhalle, keine Möglichkeit zum Eislaufen." Ja, es gebe in Freiham ein wunderbares Schulschwimmbad und in Pasing eine Eislaufhalle, die Vereine nutzen könnten. "Aber das sind keine öffentlichen Angebote."

Es ist der Abend der Bürgerversammlung von Aubing-Lochhausen-Langwied, rund 200 Stimmberechtigte haben den Weg in die Mensa des Bildungscampus' Freiham gefunden. Parusels Plädoyer für mehr Freizeiteinrichtungen ist an diesem Dienstag kein Einzelfall, zuvor hat schon Michael Figula mit einstimmigem Votum aus dem Saal für "einen Kinopalast und ein Schwimmbad" geworben. Bei sieben von insgesamt 20 Anträgen geht es an diesem Tag um Verbesserungsvorschläge für den neu entstehenden Stadtteil an der Grenze zu Germering.

Zwei davon sind von Barbara Ney. Die Aubingerin ist Sprecherin im lokalen Facharbeitskreis Inklusion des Sozialnetzwerks Regsam und saß lange im Bezirksausschuss, sie kennt die Situation. Und weiß, dass Freiham, als inklusiv gebauter Stadtteil beworben, "mitnichten" als solcher errichtet wird. Ein Beispiel dafür, sagt sie, sei der "leider nicht barrierefrei konzipierte Nachbarschaftstreff". Ihre Forderung an die Verwaltung lautet daher, "eine fachkundige Person" zu bestellen, am besten aus der Lokalbaukommission, die die neu gebauten, öffentlich genutzten Räume auf Barrierefreiheit hin überprüft. Außerdem sollten bereits vorhandene Mängel vom Verursacher, nicht vom Betreiber behoben werden müssen.

Der Grünzug ist heute schon voll

Dass es in Freiham vielleicht nicht auf Dauer, aber zumindest in den kommenden Jahren an Grünflächen mangelt, ist ebenfalls ein von den Stadtviertelbewohnern kritisiertes Defizit. Er sei "persönlich schockiert", konstatiert Bezirksausschuss-Chef Sebastian Kriesel (CSU) zu Beginn des Abends, wie voll der Grünzug zwischen Neuaubing und Freiham bereits heute sei. Zwar soll es einen Landschaftspark als Naherholungsfläche geben. Doch die Umsetzung dauert. Aus diesem Grund bittet Jürgen Müller die Stadt, eine potenzielle, zwischen Autobahn und Aubings Stadtrand situierte Neubausiedlung mit 1000 Wohnungen vorerst nicht zu bauen. "Wir brauchen diese Grünfläche zur Entlastung der Menschen", argumentiert der Vorsitzende der Bürgervereinigung Aubing-Neuaubing. Einzige Ausnahme - ein Erweiterungsbau für die Gotzmannschule.

Auch Verena Hollstein geht es um diese sogenannte Potenzialfläche. Eine solch große Neubausiedlung, findet sie, könne nicht mit einer Durchgangsstraße erschlossen werden. Bislang basiert die Anbindung Aubings an Freiham auf einer Trasse quer durch dieses Gebiet. Andreas Schweinzer wäre, wie die Mehrheit der Stimmberechtigten, sogar dafür, den Autoverkehr zwischen Aubing und Freiham komplett zu unterbinden.

Aufs Tapet kommen an diesem Dienstag dann noch zwei weitere heiße Eisen. Zum einen die Neugestaltung des Areals Ubostraße 7-9, für das Antragsteller Johannes Ney im Namen der Bürgervereinigung Aubing-Neuaubing und des Fördervereins 1000 Jahre Urkunde Aubing die Aufstellung eines Bebauungsplans fordert. Zum anderen die Situation am Aubinger Bahnhof. Uta Wagner wünscht sich eine Fahrradstraße, die von Aubing bis zum ESV Neuaubing führt, inklusive der Errichtung einer provisorischen Rampe an der maroden Bahnhofstreppe - als Übergangslösung bis zum Gesamtumbau des Geländes. An letzterer hat auch Versammlungsleiterin Katrin Habenschaden (Grüne) "hohes Eigeninteresse" bekundet: Die Bürgermeisterin ist an diesem Abgang selbst schon mit dem Kinderwagen gestürzt. "Nächstes Jahr haben wir die 150-Jahr-Feier der Allgäuer Strecke", sagt Uta Wagner. "Da wäre diese Rampe doch ein tolles Geburtstagsgeschenk."

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