München:So feiert BMW den Hochhaus-Geburtstag

Lesezeit: 3 min

Das BMW-Hochhaus ist ein Wahrzeichen Münchens. (Foto: Robert Haas)

Markus Söders Auftritt stinkt, Jonas Kaufmann fachsimpelt und die Bau-Ikone muss sich zum 50. Geburtstag die Frage gefallen lassen: Sind vier Zylinder als Symbol für Fortschritt noch zeitgemäß?

Von Philipp Crone, München

Es stinkt, als Markus Söder auftritt. Der Wagen, es ist ein 501er aus dem Jahr 1956, rollt im ersten Stock der BMW-Welt am Freitagvormittag mit Blaulicht und Sirene los, vorbei an den 250 geladenen Gästen, die gerade noch den Münchner Philharmonikern zugehört haben und dabei durch die Panoramascheiben das Geburtstagsgebäude betrachten konnten, das nun 50 Jahre alte Hochhaus gegenüber. Ein Vierzylinder, der im Gegensatz zu Söders Gefährt (sechs Zylinder) völlig abgasfrei in der Münchner Skyline steht und seinen Dienst verrichtet.

Er bietet den Mitarbeitern einen Arbeitsplatz und der Stadt ein Bauwerk, auf das man hier seit 1972 stolz ist. Nur ist die Frage im ersten Stock, wo Pancakes und Eggs Benedict neben den neuesten E-Modellen gereicht werden: Wofür steht dieses Gebäude heute? Für einen völlig gestrigen Abgasmotor? Die Antwort fällt den Kunstschaffenden unter den Gästen leichter als den BMW-Zuständigen, wobei auch die gut vorbereitet sind. Und bevor Söder als Festredner aus dem Wagen steigt, wird beim Empfang vorher längst klar, was denn das nun darstellen soll in Zukunft, dieses Hochhaus.

BMW-Vorstandsmitglied Ilka Horstmeier (mit Eventmanager Jochen Schweizer) sieht das Hochhaus als "Symbol der Zukunft". (Foto: Robert Haas)

Wenig überraschend ist das vom österreichischen Architekten entworfene Gebäude für Ilka Horstmeier "ein Symbol für Zukunft", sie ist Vorstandsmitglied des Autobauers. Für Horstmeier ist ganz klar, was dieser Bau nun darstellt: "Vier Batterien". Und für die Mitarbeiter im angrenzenden, nun schon 100 Jahre alten Werk ist es eine "Identifikation". Alles wandelt sich, statt Benzinern wird nun der i4 gefertigt. Horstmeier grüßt Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, und weitere eintreffende Gäste, die meisten in Anzügen gekleidet. Die BMW-Welt ist auch an diesem Tag eine ziemlich männliche, da wundert es nicht, wie zügig Horstmeier ihr Statement los wird.

22 Prozent Frauen will man im Konzern bis zum Jahr 2025 erreichen. Diese Quote erfüllt zumindest schon einmal diese Veranstaltung am Freitag, bei der Event-Veranstalter Jochen Schweizer mit seiner zündkerzendick gerahmten Brille von den "ikonischen Dimensionen" des Gebäudes wie auch der Marke BMW spricht. Es ist insgesamt ein Fest ohne Misstöne, denn bei der Bedeutung des Hochhauses sind sich alle einig. Es geht eher um die Frage, wer den Wert des Bauwerks am besten auf den Punkt bringen kann. Da ist Philipp Demandt ein Favorit.

Markus Söder wird im alten Polizeifahrzeug zum Rednerpult gebracht. (Foto: Robert Haas)

Der Direktor des Frankfurter Städel Museums läuft sich schnell warm für eine ordentliche Würdigung. Als eines der gelungensten Beispiele der Siebzigerjahre-Architektur zeige es das neue Deutschland mit seiner Aufbruchstimmung. "Die klare Form, diese Dynamik, ein Traum." Und wie erklärt man das jemandem, der weniger Architektur als vielleicht Antriebstechnik studiert hat? "Der Bau ist kraftvoll, fast skulptural, monumental und doch mit humanen Dimensionen." Sprich: beeindruckend, aber nicht einschüchternd.

Das gilt ein bisschen auch für den Auftritt von Susanne Klatten, der reichsten Frau Deutschlands und BMW-Großaktionärin, die sonst nur selten öffentlich zu sehen ist und weder für Statements noch für Nahaufnahmen zur Verfügung steht. Dafür ist Jonas Kaufmann da, der Star-Tenor, der allerdings am Eingang einmal kurz ausweichen muss, als die Söder-Entourage und der Gastgeber, BMW-Chef Oliver Zipse, den ersten Stock betreten und dann selbstverständlich auch gleich Klatten ihre Aufwartung machen.

BMW-Großaktionärin Susanne Klatten (im blauen Kleid) tritt selten öffentlich auf. (Foto: Robert Haas)

Kaufmann kann nicht nur singen, er kann auch reparieren. Gerne Autos. "Zunächst: So sieht natürlich kein Vierzylinder aus." Zylinder seien nebeneinander oder in V-Form angeordnet. "Eigentlich müsste man bei einem Verbrennungsmotor natürlich sagen: Steht nicht für die Zukunft." Aber zum einen sieht auch Kaufmann das Bild der Batterien gegenüber, und außerdem könne so ein Gebäude gar nicht unmodern werden, das als Kombination "aus Idee und Bau schon immer so fasziniert". Kaufmanns Auto-Leidenschaft kommt auch aus seiner Zeit als Fahrer, "da habe ich die VIPs chauffiert, ob Tennis- oder Golfspieler". Längst wird er natürlich selbst chauffiert.

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Es dauert zwar noch ein paar Minuten bis zu Söders Auftritt, aber es gibt ja auch einige Vorredner. BMW-Chef Zipse spricht davon, dass das Hochhaus "noch heute an Modernität nicht zu überbieten" sei, sein Vorvorgänger Norbert Reithofer vergleicht das Gebäude mit dem Unternehmen und der Notwendigkeit, "den Zeitgeist zu verstehen, ohne dem Mainstream hinterherzulaufen". Und dann kommt Söder, der ja bei vielen Gelegenheiten Fan von sehr vielem ist, aber wiederum gut belegen kann, warum das bei BMW wirklich stimmt, denn er hat in jungen Jahren lange gespart, um sich einen 316i leisten zu können. Zunächst rumpelt seine Rede dahin, er spricht vom "überragenden Zylinder", ehe er dann doch punktet, mit einem Seitenhieb auf die so gar nicht ikonisch bauenden Kollegen in Wolfsburg.

Als Söder fertiggratuliert hat, stinkt es nicht mehr nach Abgasen, sondern es riecht stark nach einem langen Feiertag voller Münchner und bayerischer Selbstzufriedenheit.

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