Betteln:"Haben Sie ein bisschen Benzingeld für uns?"

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Wenn der Tank leer ist, muss man halt um Benzingeld betteln - dachten sich mehrere junge Damen in München. (Foto: dpa)

In jeder Stadt gibt es andere Formen des Bettelns - und mancherorts sind die Menschen dabei charmant und kreativ. Für München gilt das offenbar nicht.

Kolumne von Karl Forster

Es kommt auch beim Betteln, also einer der weltweit gängigsten Formen der Geldbeschaffung, vor allem darauf an, dass man es mit Charme versucht. Zugegeben, es ist nicht allen gegeben, mit einem Lächeln Geldbörsen zu öffnen, aber es gibt überall auf der Welt dem Ort entsprechende Gags dafür, und wer sie am besten beherrscht, kriegt die meisten Münzen ab und hie und da vielleicht auch einen Schein.

In Wien versuchen es viele mit dem Verkauf von Boulevardblättern, was aber, zumindest auf Besucher aus München, eher abschreckend wirkt, weil so viel Charme, um den großbuchstabigen Zeitungen dort etwas abgewinnen zu können, kaum einer aufzubieten vermag.

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Lustiger sind da schon die meist jungen Typen in San Francisco und anderen Westcoast-Städten, die beim Stopp vor einer roten Ampel aus den Büschen springen und in einem genau choreografierten Arbeitsballett die Windschutzscheibe, bei längerer Rotphase oft sogar das ganze Auto blitzblank putzen, genau wissend, wann die Aktion beendet sein muss, damit man noch die Hand ausstrecken kann für den verdienten Lohn.

Und in Köln zum Beispiel, vornehmlich im Stadtteil Nippes, der gerade eine Wandlung vom Glasscherbenviertel zur gentrifizierten Hipstergegend hinter sich hat, unterhalten Gaukler, Zauberer und Artisten den Autofahrer beim Ampelaufenthalt. Und das recht erfolgreich.

München hinkt da noch ein bisschen hinterher. Ist aber auf gutem (?) Weg aufzuholen. Als unlängst ein älterer Herr, Lehrer im Ruhestand, also im Umgang mit jungen Menschen erfahren, gerade dabei war, in Sendling einen Parkplatz zu suchen, stoppte neben ihm ein älterer Golf mit drei jungen Mädchen drin, die ihn per Handzeichen baten, sein Fenster zu öffnen.

Und dann kam's: "Haben Sie ein bisschen Benzingeld für uns?" Benzingeld? Noch beim Erzählen des Erlebten schüttelte der Mann den Kopf. Sein München-Bild hat einen deutlichen Kratzer abbekommen. Kein Lächeln, keine saubere Windschutzscheibe, keine Kunststückchen. Nur die Frage nach Geld. Benzingeld. Das ist so ein bisschen München, wie es nicht sein sollte.

© SZ vom 19.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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