Szenario:Die Schollenrenaissance

Lesezeit: 2 min

Passt? Baywa-Chef Klaus Josef Lutz (rechts) mit seinem Nachfolger Marcus Pöllinger (links). (Foto: Catherina Hess)

Nach zwei Jahren Corona-Zwangspause lädt die Baywa-Stiftung wieder zur Spendengala und wirbt bei dieser mehr als eine Million Euro ein. Im kommenden Jahr stehen einschneidende Veränderungen an.

Von René Hofmann

Marcus Pöllinger kann sich schon jetzt auf den kommenden April freuen. Dann wird er Vorstandsvorsitzender der Baywa AG und sein Vorgänger wird ihm verraten, wo er sich selbst immer einkleiden ließ. "Als VV", so Klaus Josef Lutz, der seit 2008 den VV gab, sei Pöllinger reif für dieses Geheimnis.

Die Baywa ist ein mächtiges, stolzes Unternehmen. Und bei mancher Gelegenheit führt sie das gerne vor. Der Freitagabend bot eine solche Gelegenheit. In den Eisbach-Studios im Münchner Osten versammelten sich mehr als 400 Gäste zur zehnten Spendengala der ans Unternehmen angegliederten Stiftung. Seit 1998 fördert die Bildungsprojekte für gesunde Ernährung und erneuerbare Energie, nicht nur in Bayern, sondern auch in Sambia oder Indonesien, wo vermutlich eher wenige wissen, dass die heutige Aktiengesellschaft zurückgeht auf die 1893 gegründete Bayerische Zentral-Darlehenskasse.

Sonntag bis Freitag
:München heute - der München-Newsletter

Jetzt den Newsletter abonnieren!

Wer noch keine der Galas erlebt hat, kann die sich ein bisschen vorstellen wie Fundraising-Partys im amerikanischen Wahlkampf. Wer mag, kann sich einen Tisch "kaufen" und an dem ein Mehrgänge-Menü genießen (vom geflämmt und gebeizten Saibling über ein in Kräutern gebratenes Stück Rücken vom heimischen Rind bis zum Sorbet von Parsdorfer Himbeeren) und ein Unterhaltungsprogramm erleben mit Vorführungen einer breiten kulturellen Spannweite, von Studierenden der staatlichen Ballett-Akademie bis zu Willy Astor. Im Kern geht es aber darum, die Stiftungsprojekte vorzustellen, zu feiern und Mittel zu sammeln für neue.

Gute Stimmung an Tisch Nummer zehn: Stiftungsgeschäftsführerin Maria Thon (rechts) mit Auguste Prinzessin von Bayern. (Foto: Catherina Hess)
Was wäre eine Gala ohne Musik? Keine Gala. Saxofonspielerinnen auf der Bühne. (Foto: Catherina Hess)

Ein bisschen ging es den Verantwortlichen dabei dieses Mal wie den Wiesn-Wirten vor dem Oktoberfest. Nach zwei Jahren Corona-Zwangspause stellte sich die Frage: Zieht das Fest noch wie vor der Pandemie, haben die Menschen schon wieder Lust auf Festliches im großen Stil? Die Antwort fiel eindeutig aus: Ja. Trotz der steil ansteigenden Inzidenzzahlen zeigten sich keine Lücken im großen Saal und an der Sponsorenwand prangten fast 20 Namen durchaus namhafter Unternehmen.

Die Staatsregierung war vertreten durch Wissenschafts- und Kunstminister Markus Blume (CSU), der Deutsche Bauernverband durch seinen Präsidenten Joachim Rukwied, die Stadtspitze durch Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU), die US-Botschaft durch Generalkonsul Timothy Liston und der Adel durch Auguste Prinzessin von Bayern. Das ist ein durchaus stabiler Zuspruch.

Auf diesen konnte sich die Stiftung auch in den vergangenen zwei Jahren verlassen. In der Pandemie erweiterte sie das Angebot, das sie interessierten Schulen zum Thema Ernährung bietet, ins Digitale. Ad hoc wurde zudem an der Firmenzentrale unweit des Effnerplatzes ein Drive-in eingerichtet, in dem sich Einsatzkräfte in der Zeit der Ausgangsbeschränkungen kostenlos verpflegen konnten. Nach dem vom russischen Präsidenten Wladimir Putin befohlenen Überfall auf die Ukraine im Februar dieses Jahres schickte die Stiftung 29 große Lastwagen vollgepackt mit Hilfsgütern an die ukrainische Grenze, wie Stiftungsgeschäftsführerin Maria Thon eindrucksvoll berichtete.

Bayerns Wald soll wachsen

Gutes tun und darüber reden, um mehr Gutes tun zu können: Um 100 000 Bäume will die Stiftung die bayerischen Staatsforsten in nächster Zeit größer machen, wofür sie Patinnen und Paten sucht, für fünf Euro pro Stämmchen. Außerdem soll ein neues Bildungsprogramm aufgelegt werden, rund um das "Ökosystem Acker", wobei auch ein wenig Unternehmenspolitik durchschimmert. Bei allem Streben nach Internationalisierung soll offenbar keiner auf den Gedanken kommen, die Treue zur heimischen Scholle könnte schwinden.

Für Klaus Josef Lutz war es die letzte Gala als Vorstandsvorsitzender. Wenn die Gremien zustimmen, darf er im kommenden Jahr nahtlos in den Aufsichtsrat rutschen und sollte dort auch gleich an die Spitze rücken. 2023 stehen zudem der 100. Geburtstag der Baywa und der 25. ihrer Stiftung an. Gelegenheiten, das Unternehmen stolz zu präsentieren, werden sich Nachfolger Marcus Pöllinger also einige bieten. Wobei die Latte schon hoch liegt. Die letzte Lutz-Gala brachte 1 060 000 Euro an Spendengeldern ein.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusEnergiekrise
:"Auch die Produktion von Grundnahrungsmitteln wäre gefährdet"

Drohen im Winter regionale Blackouts? Wo wird man die Folgen des Gasnotstandes am deutlichsten spüren? Ein Gespräch über Energie und Politik mit Klaus Josef Lutz, BayWa-Chef und Präsident des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags.

Interview von Sebastian Beck und Maximilian Gerl

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: