Sicherheit:Personalkarussell an der Spitze der Polizei

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Das Polizeipräsidium und das Landeskriminalamt bekommen neue Präsidenten, die Landespolizei einen neuen Inspekteur - doch mit all den Wechseln sorgt der Innenminister für Kontinuität.

Von Julian Hans

Ein neuer Chef im Landeskriminalamt, ein neuer Inspekteur der Bayerischen Polizei, ein neuer Vizepräsident im Münchner Polizeipräsidium und bald auch noch ein neuer Präsident - an der Spitze der Sicherheitsbehörden in der Landeshauptstadt ist einiges in Bewegung. Angestoßen hat das Personalkarussell kein Skandal und auch kein Politikwechsel. Zwei führende Polizeibeamte gehen in den Ruhestand, und Jüngere rücken nach.

Seit diesem Montag ist Harald Pickert neuer Chef des Landeskriminalamtes. Der 56-Jährige übernahm das Amt von Robert Heimberger, den Innenminister Joachim Herrmann (CSU) im neuen Schloss Schleißheim bei München in den Ruhestand verabschiedete. Das Landeskriminalamt mit Sitz in der Maillingerstraße in Neuhausen beschäftigt 1600 Mitarbeiter. Neben Kriminalbeamten sind unter ihnen auch Physiker, Chemiker, Mediziner und Informatiker. Das LKA ist zuständig für Delikte mit Sprengstoff und strahlenden Materialien, für Geldfälschung, Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit. Auch extremistischen politischen Vereinigungen spüren die Ermittler nach. Die zentrale Datenverarbeitung der Polizei in Bayern ist ebenfalls Aufgabe des LKA.

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Pickert ist seit 1981 im Polizeidienst. Der Vater zweier Kinder hatte diverse leitende Funktionen im Münchner Polizeipräsidium, bis er 2017 Vizepräsident beim Polizeipräsidium Oberbayern Süd wurde. Schon im Jahr darauf holte Innenminister Herrmann ihn als Inspekteur zurück ins Ministerium.

Gleichzeitig mit Pickerts Wechsel an die Spitze des LKA hat Herrmann den Münchner Polizeivizepräsidenten Norbert Radmacher auf das frei gewordene Amt des Inspekteurs der Bayerischen Polizei berufen. Radmacher war erst im Februar vergangenen Jahres aus dem Ministerium ins Münchner Polizeipräsidium gewechselt.

Im Unterschied zu seinem Vorgänger Pickert und auch im Unterschied zu seinem bisherigen Vorgesetzten im Münchner Polizeipräsidium, Hubertus Andrä, ist Radmacher kein Vollzugsbeamter, sondern Jurist. In den anderthalb Jahren als Vize leitete Radmacher den polizeilichen Teil der Katastrophenübung "EMÜ 2019", bei der im Dezember rund 2000 Polizisten, Feuerwehrleute und Sanitäter ein Szenario mit mehreren Großeinsätzen zur gleichen Zeit probten. Auch während der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar koordinierte Radmacher den Polizeieinsatz. Seinen Ruf, eher ein spröder Mann der Verwaltung zu sein als Praktiker, wurde der 44-Jährige Vater von drei Kindern in dieser kurzen Zeit gleichwohl nicht los.

Als Inspekteur der Bayerischen Polizei ist er nun Stellvertreter des Landespolizeipräsidenten in allen Einsatzfragen. Neben großen Polizeieinsätzen koordiniert der Inspekteur bayernweit die Verbrechensbekämpfung und die Arbeit der Verkehrspolizei. Außerdem untersteht ihm das Lagezentrum der bayerischen Polizei. Präsident der bayerischen Landespolizei bleibt Wilhelm Schmidbauer, der 2013 von der Spitze des Münchner Polizeipräsidiums kam und oberster Chef der 41 000 Beschäftigten der Landespolizei in Bayern wurde. Allerdings hat Schmidbauer mit 62 Jahren auch schon die Pensionsgrenze für Vollzugsbeamte erreicht. Verlängerungen in zwei-Jahres-Schritten sind möglich.

Thomas Hampel wird neuer Polizeipräsident von München

Mit dem Wechsel an der Spitze des Münchner Polizeipräsidiums schließlich wird das Personalkarussell in den Sicherheitsbehörden Ende Oktober seine vorerst letzte Runde drehen. Dann geht Hubertus Andrä in den Ruhestand. Andrä ist 64, hat also die Pensionsgrenze bereits um zwei Jahre überschritten. Andrä war vor zwei Jahren in die Verlängerung gegangen, um die Polizeiarbeit während der Fußballeuropameisterschaft in München zu koordinieren. Aber dann wurde die Euro 2020 wegen Corona aufs nächste Jahr verschoben. Die kann Andrä dann entspannt als Zuschauer besuchen.

Neuer Polizeipräsident von München wird Thomas Hampel, derzeit Chef des Landesamts für Asyl und Rückführung. Hampel wurde 1966 in Regen im Bayerischen Wald geboren und begann 1985 seine Laufbahn bei der Polizei. Er studierte an der heutigen Hochschule für den öffentlichen Dienst und war in verschiedenen Funktionen bei den Polizeipräsidien München und Oberbayern tätig, unter anderem leitete er von 1999 an für ein Jahr die Polizeiinspektion am Flughafen. Danach wechselte er ins Innenministerium, wo er seit 2012 das Sachgebiet "Einsatz der Polizei" leitete. Im November 2013 war auch er zum Inspekteur der bayerischen Polizei befördert worden. Ende 2016 wurde er Vorsitzender des Unterausschusses "Führung, Einsatz, Kriminalitätsbekämpfung" und Sprecher der deutschen Einsatzchefs der Polizeien von Bund und Ländern, die sich insbesondere mit bundesweit abgestimmten Konzeptionen für Großlagen, lebensbedrohliche Einsatzlagen und den Auswirkungen der Migration auf die Innere Sicherheit beschäftigt haben.

2018 berief die Staatsregierung Hampel zum Präsidenten des neu geschaffenen Bayerischen Landesamts für Asyl und Rückführungen. Bei der Polizei hat Hampel einen Ruf als einer, "der durchgreift und umsetzt". Als Polizeipräsident der Landeshauptstadt wird er sich aber auch mit vielen Akteuren abstimmen müssen, die außerhalb der Polizei-Hierarchie stehen, in erster Linie mit dem Oberbürgermeister und dem Kreisverwaltungsreferat.

Sein Stellvertreter wartet schon: Zum 1. September ist Michael Dibowski als Nachfolger von Norbert Radmacher auf die Stelle des Vizepräsidenten gerückt. Zuvor war der 43-Jährige Direktor der Polizeiinspektion Fürth. Die Ettstraße kennt er aus der Zeit als Leiter der Inspektion Giesing und Stellvertretender Leiter des Einsatzabschnitts Mitte. Mit Hampel und Dibowski stehen dann wieder zwei Vollzugsbeamte an der Spitze der Münchner Polizei.

Als eine seiner ersten Amtshandlungen wird Hampel entscheiden müssen, wer das Polizeipräsidium künftig gegenüber der Öffentlichkeit vertritt. Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins war vor zwei Wochen überraschend zum Pressesprecher von Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) berufen worden. Seine Expertise in Krisenkommunikation ist dort derzeit mindestens so gefragt wie bei der Polizei.

© SZ vom 03.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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