Ausstellung:Zimmer mit Einblick

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Ein Münchner Hotel beherbergt Künstler - die Folgen sind sichtbar

Von Jürgen Moises, München

Kein Zimmer frei. Das ist ein Satz, den man in letzter Zeit eher selten gehört hat. Durften in den meisten Hotels während der Pandemie wenn überhaupt doch meistens nur Geschäftsreisende einchecken. Für alle anderen hieß es: Draußen bleiben und warten, bis der Lockdown vorüber, die Lage wieder besser ist. Beim Münchner Hotel Mariandl ist das etwas anders. Zwar ist das denkmalgeschützte Belle-Époque-Hotel in der Goethestraße schon seit Monaten für Touristen geschlossen. Aber für Künstler war in den letzten zwei Monaten dort Platz. Und am 5., 6. und 7. Mai dürfen nun auch noch andere Besucher in die Zimmer gehen.

Die müssen sich dafür aber unter zimmerfrei-muenchen@gmx.de anmelden. Und sie brauchen einen negativen Covid-19-Test. Auch dann dürfen sie in den schönen Zimmern mit ihren Parkettböden, antiken Kommoden und gusseisernen Badewannen nicht übernachten. Aber sie können sich dort Kunst ansehen. Kunst in den Zimmern? Das gab schon vorher. Und zwar seit 21 Jahren unter dem Titel "Zimmer frei": Einer alljährlichen Aktion, bei der die Hotelbesitzer Josef Bachmaier und Rudi Baier in Kooperation mit dem Kulturreferat jungen Künstlern eine Woche lang Zimmer zur Verfügung stellen, damit sie dort ausstellen oder andere Aktionen machen.

Der übliche Zeitraum dafür ist die erste Woche nach dem Oktoberfest. Aber unter Corona ist eben alles anders. Und so dürfen die insgesamt fünf jungen Künstler nicht nur zur ungewohnten Zeit die Zimmer als Forum nutzen. Sondern Bachmaier und Baier haben ihnen ihr Hotel zwei Monate lang als Künstler-Residenz zur Verfügung gestellt. Das heißt: Sie durften in den Zimmern leben und arbeiten, um das vor Ort Entstandene dann am Ende einem Publikum zu präsentieren.

Einen ersten Vorgeschmack gab es bereits. Denn Andres Torres bespielt schon seit ein paar Tagen die großen Glasfenster des zum Hotel gehörenden Cafés allabendlich mit einer Videoinstallation. Außerdem dreht Torres eine Dokumentation über die Zeit der fünf Künstler im Hotel. Julie De Kezel hat sich von Dingen vor Ort wie einer steinernen Drachenskulptur inspirieren lassen und daraus Zeichnungen, Figuren aus Salzteig oder Schmuck gemacht.

Für Aki Kiefer sind Hotelzimmer Orte zum Lesen und Schreiben, zum Zurückziehen und Reflektieren. Zu den Ergebnissen ihrer "Kopfarbeit" gehört eine mit Giovanni Raabe erarbeitete Sound-Installation. Diana Galli hat ihren Raum mit installativen Arbeiten in den für sie typischen Farben Gelb, Lila und Orange gefüllt, und Stefan Knauf hat die Zeit im Hotel vor allem für die Ideenfindung für zukünftige Arbeiten genutzt. Außerdem hat er, soweit möglich, Kontakte zur hiesigen Szene geknüpft. Knauf ist in München aufgewachsen, lebt aber seit zehn Jahren in Berlin. Ein Kunst-Tourist in einem Münchner Hotel? Okay, wir lassen das mal als "Geschäftsreise" durchgehen.

Artist in Residence im Hotel Mariandl , Mi. bis Fr., 5. bis 7. Mai, tgl. 16-20 Uhr, Goethestr. 51, Anmeldung über zimmerfrei-muenchen@gmx.de

© SZ vom 04.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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