Ausstellung:Gegner und beste Freunde

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"Hund, Katze, Maus" in der Staatliche Antikensammlung zeigt die vielschichtige Beziehung von Mensch und Tier und regt dazu an, unser aktuell so zwiegespaltenes Verhältnis zu überdenken

Von Jürgen Moises

"Unsere Einstellungen zu Tieren schwanken zwischen Sentimentalität und Instrumentalisierung. Manche haben Namen, andere Nummern. Einigen errichten wir Grabsteine, andere werfen wir weg. Einige sehen wir gern frei herumtollen, anderen verweigern wir das Recht, sich um die eigene Achse zu drehen." Mit diesen Worten beschreibt Bernd Ladwig in seiner vor Kurzem bei Suhrkamp erschienenen "Politischen Philosophie der Tierrechte" unser widersprüchliches, in vielem höchst problematisches Verhältnis zu Tieren, das er etwa im Fall der Massentierhaltung oder Massenschlachtung wie bei Tönnies ein "institutionalisiertes Unrecht" nennt. Im antiken Griechenland gab es das nicht. Schon allein deswegen, weil es für das Töten eines Tieres die Einwilligung der Götter und des Tieres brauchte. Letztere sah so aus, dass man den Tieren Wasser ins Gesicht spritzte. Bewegten sie den Kopf, dann hieß das: Ja.

Erfahren kann man das in der neuen Ausstellung "Hund, Katze, Maus. Tiere in Alltag und Mythos" in den Staatlichen Antikensammlungen. Dafür wurden rund 330 Objekte aus dem eigenen Bestand zusammengetragen, um zu zeigen, was früher ähnlich, aber vor allem auch anders und nicht zuletzt auch besser am Mensch-Tier-Verhältnis war. Somit könnte man sagen: Die Ausstellung kommt genau zur rechten Zeit, jetzt wo wir, mal wieder, über das Tierwohl, die Folgen der Massentierhaltung oder auch das Artensterben reden. Die Wurzeln für die heutigen Übel, die lassen sich in der Antike jedenfalls nicht oder nur in Spuren finden. Und tatsächlich wies auch der leitende Sammlungsdirektor Florian Knauß bei der Pressekonferenz zur Ausstellung darauf hin, dass sich "das Mensch-Tier-Verhältnis in den letzten 100 Jahren sicher mehr verändert hat als in den 10 000 Jahren zuvor".

Also wie war es damals, in der Antike? Nun, die Tiere wurden in erster Linie als Nutztiere und zuweilen auch zum Prestige gehalten. Wobei allgemein die Anzahl oder auch Art der Tiere ein Anzeichen für Reichtum war. Hunde und Pferde etwa waren selten und sehr teuer, am teuersten war das für Wagenrennen gehaltene Viergespann. Das konnten sich nur Adlige oder Könige leisten. Hunde wiederum haben für die Jagd oder als Haustiere für Kinder gedient. Bei den Bauern war der Ochse das wertvollste Tier. Er wurde als Zugtier eingesetzt, eine Rolle, welche Pferde erst im Mittelalter einnahmen. Auch Schweine, Schafe, Ziegen und Rinder waren wichtig, als Lieferanten für Wolle, Milch, Leder oder auch Fleisch. Fleisch wurde aber nur selten, bei religiösen Riten gegessen. Um sie zu essen, waren sie einfach zu wertvoll.

Aber bevor man zu den Nutztieren, den Tieren als "Stolz der Reichen", Spielkameraden oder "treuen Begleitern" kommt, muss man zunächst an den "wilden Tieren" vorbei. Sprich: Löwen, Panther, Krokodilen, Wildschweinen, Kamelen, Affen oder Elefanten, die sich auf Vasen, Kannen, Münzen oder Hausaltären aus der Zeit des 7. bis 1. Jahrhunderts vor Christus finden. Auch fantastische Figuren wie Kentauren gehören hier dazu. Denn weil man sie genauso wie Löwen, Krokodile oder Nilpferde oft nur vom Hörensagen kannte, hielt man ihre Existenz durchaus für möglich. Eine besondere Rolle nahmen die Löwen ein, wie man sie etwa auf Türziehern oder Grabschmuck sieht. Hier hatten sie die Funktion, die Häuser oder Gräber zu schützen. Und im Falle von Löwenmotiven auf Schalen oder Schildern hatte man die Hoffnung, dass deren Kräfte auf den Benutzer übergehen. Als würdige Gegner von göttlichen Helden wie Herakles waren Löwen ebenfalls ein beliebtes Motiv.

Recht selten sind Ziegenstatuen. (Foto: Staatliche Antikensammlungen und Glyptothek München, Renate Kühling)

Andererseits waren Götter aber auch "Herren der Tiere". So hatte etwa Himmelsgott Zeus im Adler "sein" Tier, Athena in der Eule und Poseidon im Thunfisch oder im Delfin. Eher ambivalent war das Verhältnis zu Ziegen oder Schlangen. Weil sie den Griechen zuweilen Angst machten oder man sie wie im Christentum mit bösen Mächten in Verbindung sah. Auch Heuschrecken und Mäuse waren nicht wirklich beliebt, sondern im Gegenteil als Schädlinge gefürchtet. Diese Furcht merkt man etwa der kleinen römischen Bronze-Maus aus dem 1. Jahrhundert nicht an, durch deren Präsenz man - im Sinne von: Der Blitz schlägt nicht zweimal in die gleiche Stelle ein - das Fernhalten von echten Mäusen erreichen wollte. Und die mit heutigen Augen eher wie ein niedlicher kleiner Nager aussieht. Aber auch das zeigt letztlich nur, wie (un)menschlich und wie subjektiv wir im Umgang mit Hund, Katze, Maus und all den anderen Tiere sind.

Hund, Katze, Maus. Tiere in Alltag und Mythos , Staatliche Antikensammlungen am Königsplatz, bis 10. Januar 2021

© SZ vom 01.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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