Ausschreitungen bei Bayern-Derby:Club-Fans wehren sich gegen Vorwürfe

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Fans des 1. FC Nürnberg beim Spiel gegen den FC Bayern München. (Foto: AFP)

Steine, Flaschen, Schlagstöcke: Beim Bundesliga-Derby zwischen dem FC Bayern und dem 1. FC Nürnberg ist es zu gewaltsamen Ausschreitungen gekommen. Doch was genau ist am Samstag passiert? Club-Fans widersprechen den Darstellungen der Polizei.

30 Festnahmen, 16 verletzte Polizisten - das ist die Bilanz des Bundesliga-Derbys zwischen dem FC Bayern und dem 1. FC Nürnberg vom Samstag. Laut Polizei ist es Stunden vor der Partie in der Münchner Allianz Arena zu schweren Ausschreitungen gekommen. Polizeivizepräsident Robert Kopp sprach von einer noch nie da gewesenen "massiven Gewalt im Rahmen einer Fußballveranstaltung in München". Doch was ist am Samstag genau passiert? Fans des 1. FC Nürnberg widersprechen den Darstellungen der Polizei.

Auf der Facebookseite "FCN aktuell" schreiben Club-Fans in einem offenen Brief, die Medienberichte und Schilderungen der Polizei seien "sehr realitätsfern". Gut 50 größtenteils vermummte Münchner, die "deutlich auf Schlägereien aus waren", seien einigen Nürnbergern entgegen gestürmt und es sei zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen, heißt es. Und: "Die Polizei war nicht in der Lage, dieses Aufeinandertreffen zu verhindern, obwohl der Polizei bei einem Hochrisikospiel doch eigentlich eine Gruppe von 50 schwarz angezogenen, vermummten Personen auffallen müsste."

Es sei zu starken Auseinandersetzungen zwischen Nürnbergern und Münchnern auf einer gut befahrenen Straße gekommen. Die Polizei habe versucht, die Auseinandersetzungen gewaltsam unter Kontrolle zu bringen, doch es seien immer mehr gewaltbereite Münchner Fans dazu gestoßen. "Die 250 Clubfans, darunter mehrere durch Pfefferspray und Schlagstöcke verletzt, wurden von der Polizei auf der Brücke gegen etwa 12.30 Uhr komplett eingekesselt", schreiben die Clubberer. Einige Nürnberg-Fans seien erst gegen Ende der ersten Halbzeit im Stadion angekommen.

Außerdem werfen die FCN-Anhänger der Polizei vor, eine Trennung der Münchner und Nürnberger Fanlager habe es nicht gegeben: "Von Fantrennung konnte also keine Rede sein, geschweige denn von professionellem, deeskalierendem Handeln der Polizei. Allerdings ging in keinster Weise Gewalt von Nürnbergern gegen die Polizei aus."

Heino Hassler, Leiter des Nürnberger Fanprojekts kann die Vorwürfe der Polizei nicht verstehen. Zur Nürnberger Nachrichten sagte er: "Solange ich da war, hat niemand einen Stein geworfen". Das sei laut Hassler, der nicht von 400, sondern von rund 250 Nürnberger Anhängern spricht, auch unmöglich gewesen, denn die Fans seien auf der Brücke komplett eingekesselt gewesen.

Die im Verlauf der vorherigen Konfrontation von den Nürnberger Fans geworfenen Steine hätten in etwa die Größe von Zwei-Euro-Stücken gehabt, so Hassler laut Kicker. "Natürlich ist es nicht in Ordnung, auf die Polizisten loszugehen, aber die Art und Weise, wie die Polizei die Situation nun schildert, ist mir völlig unverständlich", erklärt er weiter. Hassler spricht von einem Versagen der Polizei: "Es ist mir schleierhaft, wie es bei einem solchen Spiel überhaupt dazu kommen kann, dass zwei Gruppen von Münchner Ultras auf die Clubfans losgehen können."

Die Polizei hatte die Ereignisse nach dem Spiel indes ganz anders dargestellt. So seien an der U-Bahn-Station beim Stadion etwa 120 Münchner Ultras gegen 12.30 auf etwa 400 Nürnberger Fans unter Polizeibegleitung gestoßen. Die Polizei habe sofort eingegriffen, sagte Kopp, worauf sich die Münchner auch zurückgezogen hätten.

Die Nürnberger Ultras hingegen hätten versucht, zu den Bayern-Ultras vorzudringen und die sie begleitenden Polizisten mit Flaschen und Steinen beworfen. Zudem hätten sie auf die Einsatzkräfte eingeschlagen. Die Polizisten ihrerseits hätten sich gegen die heftigen Angriffe mit Schlagstöcken und Pfeffersprays zur Wehr gesetzt. Dennoch seien 16 Polizisten verletzt und vier Einsatzwägen beschädigt worden. Insgesamt wurden 30 Fans unter anderem wegen Körperverletzung festgenommen, darunter 24 aus Nürnberg. Zudem wurde die Identität von 31 weiteren Menschen festgestellt, davon kamen 29 aus dem Lager der Münchner Fans.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte harte Strafen für die Gewalttäter und Randalierer. "Wenn jemand schon außerhalb des Stadions und fernab von jeglichem Spielgeschehen den Vorsatz hat, Anhänger eines anderen Fußballvereins zu verprügeln, dann hat der nichts mehr mit einem Fan zu tun", sagte er. "Das ist rohe Gewalt."

Ähnlich hatte sich zuvor auch Polizeivizepräsident Robert Kopp geäußert. Für ihn, so sagte er, seien die Randalierer keine Fußballanhänger, sondern eine Minderheit, die den Fußballsport torpediere.

Die Begegnung am Samstag in der Allianz Arena war mit 71.000 Besuchern komplett ausverkauft. Wegen der traditionellen Rivalität der beiden Fanlager war das Spiel vom Polizeipräsidium als "High-Risk-Spiel" eingestuft worden. Daher habe die Polizei "präventiv viel gemacht", so Kopp, Fanbriefe verschickt, sich mit den Vereinen abgesprochen. Dennoch war es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen. "Wir haben eine neue Dimension von Gewalt in München gegenüber Polizeibeamten ", sagte Kopp.

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