Nach dem zeitweiligen Stopp der Polizeikontrollen am Budapester Ostbahnhof sind am Dienstag bis zum Abend rund 2100 Flüchtlinge in München angekommen. Die Menschen seien in mehr als einem Dutzend verschiedenen Zügen aus Österreich eingereist, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Über Nacht kamen noch mal etwa 150 weitere Menschen in München an. Die Menschen werden nun in Bussen in ganz Bayern verteilt. Einige hundert wurden nach Angaben der Regierung von Oberbayern ohne Registrierung in andere Bundesländer weitergeschickt. Niemand hätte die Nacht zum Mittwoch noch am Hauptbahnhof übernachten müssen.
Am Münchner Hauptbahnhof nimmt die Polizei die Menschen am Gleis in Empfang und führt sie zur Registrierung in eine Halle am Starnberger Flügelbahnhof. Die Flüchtlinge kommen aus Afghanistan, Syrien und Pakistan. Viele von ihnen haben nichts dabei oder nur einen kleinen Rucksack oder eine Plastiktüte mit dem Nötigsten.
Am Starnberger Flügelbahnhof müssen sie auf ihre Registrierung warten. Beamten der Bundespolizei übernahmen diese Aufgabe in der Nacht zum Dienstag. Sie arbeiteten zügig - doch der Andrang war einfach zu groß. Es bildeten sich zeitweise lange Schlangen.
Viele Münchner versammelten sich bereits in der Nacht am Hauptbahnhof, um die Flüchtlinge nicht nur mit Sprechchören zu begrüßen, sondern auch mit Essen und Getränken. Vor dem Bahnhof bauten freiwillige Helfer einen Stand auf und begannen die Flüchtlinge zu versorgen - auf eigene Kosten.
Mittlerweile bittet jedoch die Polizei "keine Sachen mehr zu bringen". Die Hilfe der Münchner ist so überwältigend groß, dass die Behörden die Spenden einfach nicht mehr unterbringen können.
Polizisten tauschten nach wenigen Stunden die provisorischen Absperrbänder durch Gitter aus. Mitarbeiter der Stadt und der Regierung von Oberbayern haben im Bahnhof mittlerweile ein professionelles Versorgungszentrum aufgebaut.
Wie viele Menschen München in diesen Stunden genau erreichen, ist unklar. Vor dem Hauptbahnhof warteten tagsüber Dutzende Flüchtlinge zeitgleich auf ihren Weitertransport in eine Erstaufnahmeeinrichtung. Die Polizei musste den Platz vor dem Starnberger Flügelbahnhof am Dienstagmorgen komplett absperren.
Vor dem Hauptbahnhof saßen und warteten am Dienstagmorgen Hunderte Asylbewerber im Freien, unter ihnen viele Kinder. Manche von ihnen hatten in der Nacht auf dem blanken Boden geschlafen.
Oberbürgermeister Reiter verbrachte dreieinhalb Stunden am Hauptbahnhof : "Wir werden dafür sorgen, dass die Menschen, so lange sie in München sind, menschenwürdig behandelt werden. Sie sollen sich als Menschen fühlen können", sagte er. Man müsse dafür sorgen, dass die Drehscheibe München funktioniert.
Am Bahnhof bemühte sich Reiter, Sonnenschirme und den Nachschub mit Obst zu organisieren sowie die Hydranten für die Wasserversorgung freizugeben. Die Flüchtlinge erhielten Käppis, man stellte ihnen sanitäre Einrichtungen zur Verfügung. Zudem gehe es darum, ehrenamtliche Helfer zu unterstützen, sagte Reiter. Dies sei sein "Auftrag als Oberbürgermeister, egal, ob ich eigentlich zuständig bin oder nicht".
Damit die Menschen nicht im Freien vor dem Hauptbahnhof warten müssen, wurden weitere Notfallquartiere geöffnet: Zum einen wurden der Regierung kurzfristig 700 Plätze im Landkreis München angeboten, im Tenniscenter Keferloh in Grasbrunn. Zum anderen lässt die Stadt München in die Turnhalle des Luisengymnasiums ganz in der Nähe Feldbetten stellen; dort soll laut Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle Platz für bis zu 500 Flüchtlinge sein. Nicht als Unterkunft, wie er erläuterte, sondern als akute Hilfe.
Die Regierung von Oberbayern setzt derweil noch auf zwei weitere Mechanismen, um die Situation mitten in der Stadt zu entspannen. Zum einen sollen andere Bundesländer Flüchtlinge aufnehmen, die Verhandlungen führt das Sozialministerium. Bis zum Abend sagten Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hessen zu, jeweils 200 Asylbewerber aufzunehmen. Zum anderen hat die Regierung Busse gechartert, um etwa 1000 Flüchtlinge in Erstaufnahmeeinrichtungen in den anderen bayerischen Regierungsbezirken zu bringen.