Nach einem Unfall brauchte sie ein neues Auto, doch ihr Konto war schon weit überzogen. Da entschied sich Angelika H., das Geld bei ihrem Arbeitgeber abzuzweigen: dem Kreisjugendring München Stadt. Zusammen mit der Inhaberin einer Putzfirma frisierte die 61-Jährige an den KJR gestellte Rechnungen und betrog ihn damit um mehr als 9000 Euro.
Das Geld teilten sich die Frauen, wobei für die 50-jährige Kleinunternehmerin Brigitte S. sogar noch ein bisschen mehr abfiel als für Angelika H. Am Donnerstag mussten sich die beiden wegen Bestechung beziehungsweise Bestechlichkeit und Betrugs am Münchner Amtsgericht verantworten.
Die Taten liegen schon weit zurück
Ziemlich bedröppelt saßen die Frauen vor ihren Anwälten Michael Adams und Hartmuth Eckelt auf der Anklagebank, womit sie vermutlich gar nicht mehr gerechnet hatten. Denn die Taten, die ihnen die Staatsanwaltschaft vorwarf, lagen schon weit zurück: Im Juni und im September 2009 sollen sie beim Kreisjugendring insgesamt 25 frisierte Rechnungen eingereicht und dann abkassiert haben. Angelika H. war damals als "Teamleiter Reinigung" für die Sauberkeit in den KJR-Einrichtungen zuständig. Brigitte S. hatte sich gerade mit einer kleinen Reinigungsfirma selbständig gemacht und putzte in den Jugendtreffs und anderen Räumlichkeiten des Verbandes.
Die Aufträge erhielt sie von Angelika H. Als diese dann entschied, die Anzahl der geleisteten Putzstunden deutlich nach oben zu korrigieren, willigte Brigitte S. stillschweigend ein. H. erklärte ihr, sie brauche das Geld, um andere Arbeitskräfte zu bezahlen, die am Wochenende als Aushilfen beim KJR putzten. Das war zwar nicht besonders plausibel, weil S. aber nicht zu knapp profitierte von dem Betrug, fragte sie auch nicht weiter nach. Sie erhielt 6037 Euro für Leistungen, die sie gar nicht erbracht hatte. Angelika H. schaffte 3291 Euro beiseite.
Wie genau die Frauen das Geld abzweigten
Im Einzellfall funktionierte das so: Brigitte S. stellte dem Kreisjugendring für Reinigungsarbeiten in einer Einrichtung am Stiftsbogen 40 Stunden in Rechnung, die gar nicht geleistet wurden. Angelika H. zeichnete die Rechnung über 700 Euro ab und gab sie an die Geschäftsleitung weiter, die das Geld anwies. Sobald der Betrag auf dem Konto von S. eingegangen war, nahm sie einen Teil davon, tat ihn in ein Kuvert und lieferte es bei H. ab.
Vor Gericht legten die Angeklagten Geständnisse ab, wobei H. die Hauptschuld auf sich nahm: "Es war mein Vorschlag. Ich hatte finanzielle Probleme. Da habe ich die Rechnungsbeträge freihändig erhöht." Mit dem ergaunerten Geld zahlte sie ihre Schulden ab. Brigitte S. sagte: "Ich war damals noch nicht lange selbständig und naiv." Als ihr H., die ja so etwas wie ihre Chefin gewesen sei, den Vorschlag unterbreitet habe, habe sie diesen nicht hinterfragt.
In einem Rechtsgespräch loteten die Prozessbeteiligten nach den Geständnissen einen Strafrahmen für die Angeklagten aus und kamen auf Bewährungsstrafen: elf Monate für Angelika H., die mittlerweile arbeitslos ist, und zehn Monate für Brigitte S., die jetzt als Kraftfahrerin arbeitet.