Amtsgerichts:92-Jährige muss Sanierung dulden

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  • Ein Vermieter wollte die Fenster einer Wohnung in Bogenhausen austauschen lassen.
  • Die 92-jährige Mieterin wollte die Handwerker allerdings nicht hereinlassen. Stattdessen forderte sie, während der Arbeiten in einem Hotel untergebracht zu werden.
  • Das Amtsgericht urteilte nun zugunsten des Vermieters.

Von Stephan Handel

Viel war in den letzten Tagen die Rede von älteren Mietern, die von geldgierigen Hausbesitzern aus der Wohnung geworfen werden sollen. Gelegentlich aber, so zeigt ein nun veröffentlichtes Urteil des Münchner Amtsgerichts, sind die Verhältnisse auch andersrum: Ein Vermieter musste gegen eine ältere Dame klagen, weil diese ihm den Zutritt zur Wohnung für Sanierungsarbeiten verwehrte.

Die Frau hatte 2005, damals noch mit ihrem mittlerweile verstorbenen Ehemann, eine Wohnung in Bogenhausen gemietet, dreieinhalb Zimmer, 100 Quadratmeter - zu dem Zeitpunkt war sie schon an die 80 Jahre alt. 2007 monierte sie, dass die Fenster undicht seien, daher habe sich Schimmel gebildet. Deswegen wurde im Einvernehmen mit dem Vermieter die Miete um 15 Prozent gesenkt.

Dann wurde die Wohnung vererbt, der neue Eigentümer informierte im Juni 2018 die Mieterin, dass nun, nach "längerem Entscheidungsprozess in der Eigentümerversammlung", die Fenster ausgetauscht werden sollten. Das sollte vier Tage dauern: Anbringung einer Staubschutzwand, Austausch asbesthaltiger Fensterelemente, vorübergehender Ausbau von Heizkörpern. Zunächst aber sollten Handwerker zum Vermessen kommen. Die dazu angebotenen Termine lehnte die Mieterin jedoch ab: Zunächst müsse ihr für die Dauer des Umbaus die Übernahme von Hotel-, Verpflegungs- und Reinigungskosten zugesagt werden.

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Das jedoch sah der Vermieter nicht ein - immerhin seien neue, dichte Fenster ja auch ihr Wunsch. Die Frau sei außerdem noch sehr rüstig, und so lange nicht klar sei, welche Arbeiten notwendig seien und wie lange diese dauern würden, könne sie auch noch keine Gegenforderungen stellen. Die Mieterin hielt dem entgegen, dass sie eine ängstliche Person sei, mit ihr müsse anders umgegangen werden als mit jüngeren Mietern. In anderen Wohnungen sei bei einer solchen Renovierung die Küche eine Woche nicht benutzbar gewesen. Sie verweigere sich nicht, sie wolle nur Sicherheit.

Der Vermieter klagte - und bekam Recht: Die Frau muss nach angemessener Ankündigung zu üblichen Arbeitszeiten den Zutritt zur Wohnung gewähren und darf die Arbeiten nicht behindern. Die Richterin urteilte: "Auch 92-jährige Mieter müssen Erhaltungsmaßnahmen dulden. Die Beklagte darf die Duldung der Instandsetzungsmaßnahmen auch nicht davon abhängig machen, ob sie eine Ersatzwohnung erhält und Mahlzeiten zur Verfügung gestellt werden." Das Urteil ist rechtskräftig, allerdings hat die Frau den Mietvertrag mittlerweile gekündigt und die Wohnung verlassen. (AZ: 418 C 18466/18)

© SZ vom 29.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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