Allach/Untermenzing:Glückssache Betreuungsplatz

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Regionalhäuser wie hier an der Paul-Gerhardt-Allee sollen stadtbezirksübergreifend Kinder ohne Betreuungsplatz aufnehmen. (Foto: Stephan Rumpf)

In Allach und Untermenzing müssen einmal mehr Elterninitiativen die fehlenden Hortkapazitäten ausgleichen. Eine Regionalgruppe im benachbarten Moosach wird jetzt auch für Erstklässler aus der Manzostraße geöffnet

Von Anita Naujokat, Allach/Untermenzing

Es ist jedes Jahr das Gleiche: Wenige Monate vor Beginn des neuen Schuljahres werden verzweifelte Eltern im Bezirksausschuss (BA) Allach-Untermenzing vorstellig. Wieder werden an die 25 Kinder, die im September in der Grundschule an der Manzostraße in die erste Klasse kommen, keinen Platz in einer regulären Mittagsbetreuung oder im Hort haben. Jedes Jahr wird eine neue Elterninitiative gegründet, weil Väter und Mütter keine andere Möglichkeit mehr sehen, als sich privat zu organisieren und zu engagieren. Wieder einmal wird so nur aufgrund ihrer Eigeninitiative das Problem gerade noch gelöst - im letzten Moment.

Für die Sielemanns, eines von 28 Elternpaaren der Elterninitiative "Manzinis", geht es wie für andere auch um die Existenz. Beide sind berufstätig, wie alle anderen Elternpaare, haben Kredite abzuzahlen. Für die dreijährige Anna haben sie im Umfeld keinen Kindergartenplatz gefunden, die nächste Chance auf einen Platz würde bedeuten, täglich zwölf Kilometer hin und zurück ins Westend zu fahren, wo das Kind aber auch erst von acht Uhr an untergebracht werden könnte. Diese Entfernung halte das Referat für Bildung und Sport innerhalb der Stadt für zumutbar, sagt Michael Sielemann. Die größere Tochter, die von September an die Manzoschule besuchen wird, müsste ohne Betreuungsplatz an zwei Tagen die Woche um 11.20 Uhr und an drei Tagen um 12.20 Uhr aus der Grundschule an der Manzostraße abgeholt werden. "Wie soll man da noch arbeiten?", fragt Sielemann. Anfangs habe es noch positiv ausgesehen, sagt er. Dann hätten plötzlich 80 Kinder auf der Warteliste allein im Hort der Manzoschule gestanden. Ähnlich voll seien die Einrichtungen in der Umgebung gewesen.

Die langen Wartelisten und das Zittern um einen Betreuungsplatz hatten auch berufstätige Eltern der Grundschule an der Pfarrer-Grimm-Straße in Untermenzing satt. Mehr als 80 Kinder werden dort im kommenden Herbst eingeschult. Um ihr Betreuungsproblem zu lösen, gründeten sie selbst einen Förderverein für eine Mittagsbetreuung - es ist die siebte Elterninitiative an dieser einen Schule, deren beide Horte ebenfalls aus allen Nähten platzen. "Der Ausbau an Krippen- und Kindergartenplätzen schreitet voran und wird auch von der Stadt München gefördert, aber an Betreuungsangeboten für Grundschüler mangelt es", sagt Georgette van Beek von der Elterninitiative "Raumfahrer". Gerade im teuren München müssten beide Eltern arbeiten und seien darauf angewiesen, dass ihre schulpflichtigen Kinder nachmittags betreut würden. Bei einem Unterrichtsende von 11.25 Uhr sei noch nicht einmal eine Teilzeittätigkeit möglich. "Viele Eltern können deshalb nicht verstehen, dass sie einen Rechtsanspruch haben, ihre Kinder unter drei beziehungsweise sechs Jahren betreuen zu lassen, um schnell wieder ins Berufsleben einzusteigen, aber wenn es dann auf die Schulzeit zugeht, Betreuungsplätze Glückssache sind", sagt van Beek. Eine Mutter hatte von der Kita-Elternberatung der Stadt gar den Tipp erhalten, in eine Gegend umzuziehen, wo die Lage nicht so angespannt sei - mit dem Zusatz: Andere würden das tun.

In einem in der Juni-Sitzung bekannt gewordenen Schreiben an den Bezirksausschuss hatte das Referat für Bildung und Sport (RBS) noch keine konkreten Antworten. Stattdessen zählt die Behörde sechs Gründe auf, warum sich die Zahl der unversorgten Kinder noch nicht zuverlässig festlegen lasse, unter anderem weil man noch auf "die Zuschaltung" eines Pädagogen für den städtischen Hort an der Manzostraße für Herbst warte. Zugleich stellt das RBS fest, dass die Eltern für das jetzt zu Ende gehende Schuljahr ursprünglich einen ähnlich hohen Betreuungsbedarf gemeldet hätten, so dass das Regionalhaus in Pasing zunächst vorrangig Plätze für die Kinder der Manzoschule zugesagt habe und ein Bus mit 50 Plätzen bestellt worden sei.

Regionalhäuser sind für Kinder aus mehreren Stadtvierteln gedacht, die wohnortnah keinen Hortplatz finden. Keine der Familien habe dann tatsächlich Bedarf gehabt, weil die Kinder am Standort hätten betreut werden können. Laut aktueller Auskunft aus dem RBS wird im Haus für Kinder Am Hartmannshofer Bächl im benachbarten Stadtbezirk Moosach vom neuen Schuljahr an eine weitere Regionalhortgruppe eröffnet. Sie ist für Erstklässler der Grundschulen an der Manzostraße und der Haldenbergerstraße gedacht. Diese sollen vorerst die Kindergartenräume nutzen und im Frühjahr 2018 dann in die Horträume des Kindertageszentrums (Kitz) nebenan ziehen. Grund dafür sei, dass sich in dessen Räumlichkeiten so lange noch die "Arche" befinde, die dort ebenfalls Kinder und Jugendliche betreut.

Die "Raumfahrer" aus der Pfarrer-Grimm-Straße hatten zumindest schnell das Glück, ein Klassenzimmer von Schulleiter Jörg Weinberger zur Verfügung gestellt zu bekommen. Dort sollen täglich bis zu 25 Kinder bis 16 Uhr betreut werden. Sie bekommen in der Mensa Mittagessen sowie eine verlässliche Hausaufgabenhilfe und können Schulhof und Turnhalle zum Toben nutzen. Neben spielerischen und kreativen Angeboten bereitet die Initiative weitere Freizeitaktivitäten und Projekte vor. Die Initiative sucht noch Personal als Springer.

Die "Manzinis" aus der Manzostraße haben auf der Suche nach einem Raum viele Klinken geputzt, bis sich eine Lösung fand. Rektorin Ilona Peters überlässt ihnen einen Seminarraum. Dort bekämen sie als Untergruppe unter dem Dach der schon länger bestehenden Elterninitiative "Manzis" 24 Plätze, sagt die Schulleiterin.

© SZ vom 25.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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