Allach/Untermenzing:Der Landtag soll's richten

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Ein Anger in der Mitte: So sollen die Wohnbauten des Gewofag-Projekts an der Erwin-Schleich-Straße situiert werden. (Foto: Terra Nova Landschaftsarchitektur)

Die Bürgerinitiative gegen ein Bauvorhaben des Projekts "Wohnen für alle" an der Erwin-Schleich-Straße macht nun durch eine Petition im Maximilianeum Druck. Kritik an der Stadt kommt auch vom Bezirksausschuss

Von Anita Naujokat, Allach/Untermenzing

Das umstrittene Wohnen-für-alle-Vorhaben an der Erwin-Schleich-Straße beschäftigt nun auch den Bayerischen Landtag. Die Bürgerinitiative (BI) für den Erhalt der Grünfläche zwischen Franz-Albert- und Naßlstraße hat ihre Einwände als Petition mit mehr als 2000 Unterstützer-Unterschriften im Maximilianeum eingereicht. Rechtlich vertreten werden die Kritiker von der Rechtsanwaltskanzlei Finkenzeller mit Schönefelder, Ziegler und Lehners, die auch bei der Unnützwiese in Trudering tätig war. Ziel ist es, letztlich eine Änderung des seit Mai 1994 rechtsgültigen Bebauungsplans zu erwirken, da die BI mit der neuen Bebauung "massive Verstöße" gegen seine Vorgaben sieht, und die "Dichte", auch an Anwohnern, zu reduzieren.

Mit der eingereichten Petition wollte sich der Bezirksausschuss (BA) in der letzten Sitzung vor der Sommerpause nicht befassen, auch wenn Cornelia Schwarz-Teuber, eine der BI-Sprecherinnen, dem BA großzügig alle Unterlagen überließ, um sie für Stellungnahmen zu verwenden. Befasst haben sich die Lokalpolitiker dagegen mit der Reaktion des Planungsreferats auf ihre eigene Stellungnahme nach der Sondersitzung Mitte April.

Die CSU kritisierte, dass das Planungsreferat "nur unzureichend" und "nicht wirklich fundiert" die Punkte in der Stellungnahme beantwortet habe. Auf die Kinderbetreuung gehe sie überhaupt nicht ein, verweise stattdessen auf Hortplätze an der Schöllstraße, der aber ein Zentralhort sei, sagte CSU-Fraktionssprecherin Gabriele Hartdegen. Die CSU-Stadträtin und BA-Vorsitzende Heike Kainz sah vor allem auch die Verkehrsfragen sowie die Zufahrten für Feuerwehr und Müllautos nicht differenziert genug beantwortet. Die erbetene Prüfung, wie der zusätzliche Verkehr aufgenommen werden könne, habe nicht stattgefunden. Sie, Kainz, könne sich auch nicht vorstellen, wie ein Müllwagen um die Ecke des mittigen Angers kommen soll, wenn dort die Parkplätze seien. Sie regte eine zusätzliche Anwohnergarage an.

Auf die Vorschläge eines Hauses für Kinder oder darauf, die Hälfte der geplanten Wohnungen für Menschen mit sozialen und unterbezahlten Mangelberufen zur Verfügung zu stellen, werde überhaupt nicht eingegangen, monierte Stefanie Martin (CSU), Vorsitzende des Unterausschusses Planung und Bau. "Ein Verweis auf die künftigen Kinder-Einrichtungen auf dem Diamalt-Gelände löst das Problem mangelnder Betreuungsplätze nicht", sagte sie. Sie befürchte vielmehr einen "Verdrängungseffekt" anderer Kinder in Kindergärten und Horten, was der Akzeptanz für die neuen Bewohner nicht gerade förderlich sei. Die SPD sieht hingegen viele Punkte berücksichtigt, wie Sprecher Pascal Fuckerieder betonte.

Als "sehr peinlich" bezeichnete indes Grünen-Sprecher Falk Lamkewitz die erhobenen Forderungen in der BA-Stellungnahme von der Sondersitzung. Jetzt mache sich das Gremium wiederum "lächerlich, wenn wir meinen, denen sagen zu müssen, was es für die Feuerwehr- und die Müllabfuhr braucht", sagte er. Die Grünen stimmten der Stellungnahme der Stadt zu, wenn auch mit Bauchschmerzen. Die Grünen wie auch die SPD bedauerten, dass die so dringend gebrauchten sozialen Wohnungen reduziert worden sind. "Wir machen uns gegenüber Bedürftigen schuldig, weil nicht so viel Wohnraum gebaut wird wie möglich wäre", sagte Lamkewitz.

Um im Rahmen zu bleiben, will die Gewofag statt der ursprünglich vorgesehenen 85 Wohnungen nur noch 51 errichten. Zwei Drittel davon und damit weit mehr als ursprünglich sind für Familien gedacht. Das war eine wesentliche Forderung des BA. Damit einhergehend erhöht sich aber auch die Zahl der Einwohner, deren Dichte für die Bürgerinitiative keinen Bezug mehr zum Bebauungsplan habe. Dieser sehe zudem Doppel- und im sozialen Wohnungsbau auch Reihenhäuser vor, bei denen allerdings nicht mehr als fünf Hauseinheiten zusammenhängen dürften, aber keine Mehrfamilienhäuser, heißt es im Petitionsschreiben. Auch seien oberirdische Garagen innerhalb der Bauräume nachzuweisen. Der Stadt wird vorgeworfen, andere Maßstäbe anzulegen, wenn es um Bauvorhaben der eigenen Tochtergesellschaften gehe, wie etwa bei der Neubebauung der Carl-Wery-Straße in Neuperlach.

Das Planungsreferat geht hingegen von nur "geringfügigen Befreiungen" aus, welche die Grundzüge der Planungen nicht berührten. Die öffentliche Erschließung über die Erich-Schleich-Straße sei gesichert, das Verkehrsaufkommen bewältigbar. Ein Engpass in der Schulversorgung könne nur kurzzeitig, wenn überhaupt, zwischen dem Bezug der Wohnungen und der Inbetriebnahme der neuen Grundschule an der Theodor-Fischer-Straße aufkommen. Überbrückt werden könnte dieser vom Hort-Pavillon an der Schöllstraße, der noch über Räume verfüge, die auch als Klassenzimmer genutzt werden könnten. Die Stadt spricht von einem Bedarf für 16 Grundschul-, 16 Hort-, neun Krippen- und 14 Kindergartenkinder.

Dem Gros im BA reichten diese Aussagen nicht. Gegen die drei Stimmen der Grünen wird jetzt noch einmal eine Stellungnahme eingebracht.

© SZ vom 16.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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