Kein Tanzverbot mehr:Weil es ihnen ernst ist, Karfreitag nicht ernst zu nehmen

Kein Tanzverbot mehr: Zur religionsfreien Zone erklärt sich das Oberanger-Theater am Karfreitag. Das Haus ist voll besetzt.

Zur religionsfreien Zone erklärt sich das Oberanger-Theater am Karfreitag. Das Haus ist voll besetzt.

(Foto: Catherina Hess)

Die Gegner des Tanzverbots können endlich ihre vor Gericht erzwungene "Heidenspaß"-Party feiern. Pure Gaudi ist das nicht.

Von Andreas Schubert

Ein Heidenspaß kann furchtbar anstrengend sein. Zum Beispiel dann, wenn man sich jahrelang durch sämtliche gerichtliche Instanzen kämpfen muss, um eine Party mit diesem Namen veranstalten zu dürfen. Doch die Anstrengung war es den Veranstaltern wert, es geht ihnen ums Prinzip: Nämlich um Selbstbestimmung, also darum, dass sie sich von einer Religion nicht vorschreiben lassen wollen, was sie an einem bestimmten Tag zu tun und zu lassen haben. Also nun die Feier im mit gut 150 Menschen voll besetzten Oberanger-Theater. Die Menschen, die hier sind, wollen nicht nur aus Gaudi feiern. Michael Schmidt-Salomon betont sogar ausdrücklich: "Wir haben uns heute hier versammelt, weil es uns ernst, ja sogar bitterernst damit ist, den Karfreitag nicht ernst zu nehmen." Meint er so - Tatsache.

Schmidt-Salomon ist Vorstandssprecher der religionskritischen Giordano-Bruno-Stiftung. Und unterhält man sich mit ein paar Besuchern, von denen die meisten die 50 schon überschritten haben, ist viel Kritik am "katholischen Gedöns" zu hören und an der Kirche an sich. Es ist eben ein Statement, hier zu sein. Wenn überhaupt einer der Besucher an diesem Karfreitag noch Mitglied irgendeiner christlichen Kirche ist, dann vermutlich nur, weil er bisher keine Zeit hatte, auszutreten.

Und viele sagen auch, dass sie aus einem katholischen Umfeld kommen. Ralph König, zum Beispiel. Der Comiczeichner, der in den Neunzigerjahren durch die Verfilmung seines Buches "Der bewegte Mann" bekannte wurde, ist auch Autor religionskritischer, humoristischer Kurzgeschichten. Für eine Lesung ist er extra nach München gekommen. Als schwuler Mann, sagt er, war die katholische Kirche "schon immer ein bisschen ein Feindbild". Auch er ist Mitglieder der Giordano-Bruno-Stiftung und setzt sich für eine tolerante Gesellschaft ein, in der die Religion auf die Politik keinen Einfluss haben sollte.

Ist der ganze Aufwand mit der Party vielleicht ein bisschen übertrieben? Michael Schmidt-Salomon sieht das anders. Ihm und der Veranstalterin Assunta Tammelleo geht es darum, ein Zeichen zu setzen. Deshalb kommt das Ganze natürlich etwas plakativ daher. Auf den Tischen liegen zum Beispiel Kondome, auf deren Packung "Freie Liebe für freie Geister" steht, es gibt einen Schokoladenbrunnen, weil Fastenzeit ja auch was Christliches ist.

Die Karikaturistin Katharina Greve bekommt am Abend den Preis "Der freche Mario" für eine Karikatur über sexuellen Missbrauch durch einen Priester. Und zum Schluss, ja, steht Tanz auf dem Programm. Das ist das wichtigste Statement des Abends, ums Tanzen ging es auch vor den Gerichten. Und wenn auch die meisten Besucher schon lange keinen Club mehr von innen gesehen haben dürften, hier haben sie sich fest vorgenommen, die Tanzfläche zu entern, als Ausdruck ihrer Weltanschauung.

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