Kardinal Woelki:In aller Schwachheit

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Der Kölner Erzbischof bittet den Papst um Entlassung - und die Gläubigen um eine zweite Chance.

Von Annette Zoch

Kardinal Rainer Maria Woelki ist zurück als Erzbischof von Köln, vorerst. Er hat dem Papst seinen Rücktritt angeboten, dieser hat ihn aber zurück ins Erzbistum geschickt und will "zu gegebener Zeit" entscheiden - das kann im Vatikan dauern.

Und so bleibt das Erzbistum weiter im Schwebezustand, mit all seinen Priester, seinen Haupt- und Ehrenamtlichen, seinen Laien. Die Krise besteht ja nun nicht erst seit gestern, sie zieht sich schon über Monate hin, sie zermürbt alle Beteiligten. Alle führenden Gremien des Erzbistums bis hoch zu den höchsten bischöflichen Beratern hatten zuletzt deutlich gemacht, dass sie eine Rückkehr Woelkis skeptisch sehen. Wie viele Misstrauensvoten braucht Rom noch?

Woelki hat nun in einem sehr persönlichen Hirtenbrief um eine zweite Chance gebeten. Er hat erklärt, dass er sich in der Auszeit verändert habe, dass er nichts wegwischen wolle von dem, was zwischen seinen Gläubigen und ihm geschehen sei. Es brauche nun Räume, so schreibt Woelki, "in denen Menschen nicht komplett miteinander fertig sind, sondern sich nach einer Auszeit eine Chance geben, indem sie sich vielleicht erst einmal in aller Schwachheit begegnen und einander einfach zuhören".

Gerade dieses Zuhören soll Woelki, glaubt man Beobachtern im Erzbistum, in der Vergangenheit eher schwergefallen sein. Aber vielleicht hat er in seiner Auszeit wirklich gelernt, wirklich umgedacht? Christen geben zweite Chancen. Woelki hat jetzt erst einmal Zeit, seinen Sinneswandel zu zeigen - bis Franziskus entschieden hat.

Denn hier liegt ja das eigentliche Problem: Als "Ausdruck einer Haltung innerer Freiheit" habe er dem Heiligen Vater sein Amt zur Verfügung gestellt, schreibt Woelki - doch letztlich zeigt er Unterwerfung. Es ist ja durchaus praktisch, sich hinter dem Pontifex verstecken zu können. Getreu dem Motto: "Ich würde ja gehen, aber der Papst lässt mich nicht."

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