Profil:Die große Hoffnung der rheinland-pfälzischen SPD

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"Ich wurde gerufen": Alexander Schweitzer gibt den Vorsitz der SPD-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag ab und wird Sozialminister. (Foto: dpa)

Der bisherige Fraktionschef Alexander Schweitzer übernimmt in Mainz ein neu zugeschnittenes Sozialministerium - und gilt als potenzieller Nachfolger von Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

Von Gianna Niewel

Über Politikerinnen und Politiker lässt sich vieles googeln, aber eher selten die Größe. Bei Alexander Schweitzer schon: 2,06 Meter. Allein deshalb wird er mal wieder auffallen, wenn am Dienstag in Mainz der neue Landtag zusammenkommt. Aber nicht nur deshalb.

Die SPD hatte die Landtagswahl noch nicht gewonnen, da ging es schon darum, wer Ministerpräsidentin Malu Dreyer nachfolgen könnte. Sie ist 60 Jahre alt und seit 2013 im Amt. Ein Name fiel immer wieder: Alexander Schweitzer, der bisher Fraktionsvorsitzender war und nun ein neu zugeschnittenes Ministerium übernehmen soll. Arbeit, Soziales, Digitalisierung. Die Regionalzeitungen nannten ihn reflexhaft "Superminister", worauf er reflexhaft sagte, es gebe im Kabinett nur Superministerinnen und Superminister, und auch der Zuschnitt habe nichts zu bedeuten. Sonst noch Fragen?

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Alexander Schweitzer, 47 Jahre alt, geboren in Landau im Süden von Rheinland-Pfalz, an der Grenze zu Frankreich, was in der älteren Vergangenheit bedeutete, dass die Stadt umkämpft war, und in der jüngeren Vergangenheit, dass Familie Schweitzer zum Käsekaufen nach Wissembourg fahren konnte. Der Vater war Binnenschiffer, die Mutter kümmerte sich um Alexander und die Schwester, die ersten sechs Jahre seines Lebens verbrachte er auf Tankern und Frachtern, zwischen Rotterdam und Karlsruhe. Wenn er einschlief, tuckerte der Dieselmotor.

CDU-Generalsekretär Heiner Geißler brachte ihn zur SPD

Als Jugendlicher saß er dann in der Aula des Gymnasiums und hörte einem Mann zu, den er nur aus dem Fernsehen kannte: Heiner Geißler, damals Generalsekretär der CDU und Abgeordneter aus der Südpfalz. Geißler habe auf die SPD geschimpft, immer nur auf die SPD, da habe er sich zum ersten Mal für die Partei interessiert. Es waren die Achtzigerjahre, in München hatten sich die Republikaner gegründet, eine Partei, die später vom Verfassungsschutz beobachtet wurde, und in Landau verstand Alexander Schweitzer nicht, wie man aus den Verbrechen der Nazi-Zeit nichts gelernt haben konnte. Politisches Interesse, sagt er am Telefon, war ihm nicht genug. Er wurde Mitglied bei den Jusos.

Wenn Alexander Schweitzer von den Stationen in seinem Leben erzählt, sagt er, "es gab die Notwendigkeit" oder "ich wurde gerufen". Er ließ sich aber immer auch rufen. 2009: Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, 2011: Generalsekretär, 2013: Sozialminister. Er ließ sich 2014 rufen, um als Fraktionsvorsitzender einer selbstbewussten Julia Klöckner und ihrer CDU Grenzen aufzuzeigen. Zeigte er dann auch. Schweitzer gilt nicht nur in der eigenen Partei als durchsetzungsstark.

Jurist, Vater von drei Kindern und Veganer

2016 war er in den USA unterwegs, in Cincinnati und Cleveland, in einer Region, in der früher Fabriken rauchten und die heute Rostgürtel heißt. Dort habe er gesehen, was passiert, wenn die Arbeiter sich von der Politik abwenden. Auch deshalb wolle er sich in den nächsten fünf Jahren vor allem darum kümmern, dass das in Rheinland-Pfalz nicht passiert. Sein Schwerpunkt? Die Transformation der Arbeit, sagt er, und dass das bedeute, gerade bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen im Land zu schauen, ob sie Fortbildungen brauchen oder regionale Vernetzung, die Handwerksbetriebe in der Eifel, die Maschinenbauer im Hunsrück, und das dann anzubieten.

Wenn an diesem Dienstag in Mainz der Landtag zum ersten Mal zusammenkommt, sind zwei weitere Personalentscheidungen bei der SPD interessant. Der bisherige Chef der Staatskanzlei, Clemens Hoch, soll neuer Gesundheitsminister werden, die bisherige Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler ist nun Fraktionsvorsitzende. Und eben Alexander Schweitzer, Jurist, Vater von drei Kindern, Veganer seit 2016 - "wir hatten die Landtagswahl gewonnen und ich brauchte ein neues Projekt" -, der sagt, seine Größe nütze ihm politisch nichts. Aber sicher, er könne sich damit nicht verstecken. Er klingt nicht, als störte ihn das.

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