Österreich:Sieht so bequem aus

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Bundeskanzler Karl Nehammer hat Forderungen nach einem Nato-Beitritt eine klare Absage erteilt. (Foto: Georges Schneider /imago images/photonews.at)

Über einen Nato-Beitritt debattieren? Will die Regierung in Wien lieber nicht.

Kommentar von Cathrin Kahlweit

Der Begriff "Neutralität" kommt in Österreich selten ohne Adjektive daher; "immerwährend" heißt eines, ein anderes "heilig". Das Land ist aber Mitglied der EU, die schon länger über eine gemeinsame Armee diskutiert, und es hat eine Armee, die sich an Auslandseinsätzen beteiligt. Daher steht regelmäßig die Frage im Raum, ob diese Neutralität nicht eigentlich eine Schummelpackung sei. Das Land, sagen Kritiker, profitiere zwar vom Schutz durch die Nato-Präsenz in den umliegenden Staaten, spare sich aber die entsprechenden Kosten und Risiken. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat die Diskussion, nicht nur in Österreich, neu befeuert. Aber anders als etwa in Finnland, das mit einer mehr als tausend Kilometer langen gemeinsamen Grenze russischen Truppen weitgehend ausgeliefert wäre, ist sie in Österreich eher theoretischer Natur.

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Kanzler Karl Nehammer hat Forderungen nach einem Nato-Beitritt daher gleich mal eine klare Absage erteilt. Was seine Regierung jetzt gar nicht brauchen kann, ist das in einer solchen Debatte sicher rasch kommende Argument, dass es bisher an Solidarität mit den westlichen Partnern mangele. Seine Partei hat schon genug zu tun mit dem Vorwurf, in der Vergangenheit allzu unkritisch mit russischen Investments und russischen Oligarchen gewesen zu sein; von der FPÖ und ihren engen Beziehungen zu Putins Schergen ganz zu schweigen. Zudem geben die Umfragen im Land nicht mal einen zarten Hinweis darauf, dass die Österreicher selbst an dem durchaus bequemen Status etwas ändern wollen. Immerhin profitieren sie davon seit Jahrzehnten. Der Vorteil: ein niedriges Verteidigungsbudget, ein gutes Gewissen und ein Selbstbild als "Dialogmacht".

Diese Krise lehrt letztlich zweierlei. Erstens ist die Verteidigung der gemeinsamen Wertebasis immer gekoppelt mit gemeinsamer Sicherheit. Zweitens aber spricht man darüber am besten nicht erst dann, wenn russische Panzer fast schon im Vorgarten stehen.

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