Schulen:Unterrichtsausfall nach Plan

Lesezeit: 1 min

Der Lehrermangel, den die Bundesländer selbst verschuldet haben, wird sichtbarer denn je. Es bleiben jetzt nur: Notfallmaßnahmen.

Kommentar von Paul Munzinger

Heinz-Peter Meidinger, der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, ist nicht als Tiefstapler berühmt, wenn es um Missstände an deutschen Schulen geht. Auch die Zahl von 30 000 bis 40 000 Lehrerstellen, die die Länder laut Meidinger im neuen Schuljahr nicht besetzen können, ist deshalb als das zu benennen, was sie ist: eine Schätzung, bei der tendenziell eher auf- als abgerundet wurde. Doch das ändert nichts daran, dass Meidinger mit seiner Lagebewertung richtigliegt. Die Lage ist, in einem Wort: dramatisch.

Der Lehrermangel belastet die Schulen nicht erst seit gestern, aber so gravierend und so sichtbar wie in diesem Jahr waren seine Folgen noch nie. Reihenweise fallen Stunden und ganze Fächer aus, weil es niemanden gibt, der sie unterrichten kann. "Erheblichen planmäßigen Unterrichtsausfall" prophezeit Sachsens Kultusminister, Sachsen-Anhalt beginnt das Schuljahr mit nur 92 Prozent Unterrichtsversorgung. Selbst dem bayerischen Kultusministerium ist seine Siegessicherheit abhandengekommen. Und dabei wären gerade jetzt, wo die massiven Lernlücken von immer mehr Kindern unübersehbar geworden sind, eigentlich zu viele Lehrkräfte gerade genug.

Die Länder, die den Lehrermangel erst verursacht und dann verdrängt haben, akzeptieren ihn inzwischen als ihre größte Herausforderung. Immerhin. Kurzfristig aber hilft das nicht weiter. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt - so funktioniert Bildungspolitik leider nicht. Bis Lehrkräfte fertig ausgebildet sind, vergeht viel Zeit, die die Schulen nicht haben. Vielen Ländern bleibt deshalb nichts anderes übrig, als aus einer Liste von Notmaßnahmen zu wählen und dabei abzuwägen, ob die Nebenwirkungen schlimm oder ganz schlimm sein werden. Größere Klassen? Strengere Teilzeitregeln für Lehrkräfte? Noch niedrigere Hürden für Seiten- und Quereinsteiger? Eine Kürzung des Stundenplans? Düstere Aussichten. Aber so ist die Lage.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: