Religionsunterricht:Glauben lernen mit den anderen

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Hamburg bietet überkonfessionellen Unterricht. Was jetzt sogar die katholische Kirche gut findet.

Kommentar von Annette Zoch

Es gab Zeiten, da wurden in manchen Landstrichen Bayerns die Schulanfänger gleich nach Konfessionen in die Klassen verteilt: Da gab es dann zwei oder drei rein katholische Klassen. Und eine Restklasse, darin: die Evangelischen und die, die "gar nichts glauben", wie mit hochgezogenen Augenbrauen kommentiert wurde. In evangelisch dominierten Regionen wird es vermutlich umgekehrt gewesen sein. Doch das hat sich geändert - die Gesellschaft ist vielfältiger geworden, und mit dem Einfluss der großen Kirchen schwindet auch die Attraktivität des Religionsunterrichts.

Es geht um gegenseitigen Respekt

Ganz anders in Hamburg, das bundesweit eine der niedrigsten Abmeldequoten vom Religionsunterricht hat. Denn die Hansestadt geht hier schon seit 2013 einen bundesweit einmaligen Weg, an dem sich nun erstmals auch die katholische Kirche beteiligt - nach zwei Jahren des Prüfens und Evaluierens . Im "Religionsunterricht für alle" unterrichten staatliche Lehrkräfte verschiedener Glaubensgemeinschaften Schülerinnen und Schüler verschiedener Glaubensgemeinschaften. Es ist kein bekenntnisfreier Unterricht, er bietet keinen neutralen Blick von außen auf Religionen. Nein, die Lehrerinnen und Lehrer sollen ein authentisches Bild von ihrer eigenen Prägung geben, aber auch Glaubensinhalte anderer Religionen vermitteln. Es geht um die Vielgestaltigkeit von Weltanschauungen und den gegenseitigen Respekt.

Am meisten lernen Schülerinnen und Schüler in dieser Form des Unterrichts aber wahrscheinlich nicht von den Lehrkräften, sondern voneinander. Vielleicht ist das genau die Stärke eines solchen Fachs. Dass ein gemeinsamer Religionsunterricht dabei helfen kann, Berührungsängste abzubauen und Verständnis zu fördern, ist eine Binsenweisheit. Ein gemeinsamer Religionsunterricht kann aber auch dabei helfen, eine eigene religiöse Identität neu oder wieder zu entdecken. Im Gespräch mit anderen ist der Einzelne stärker herausgefordert, sich über den eigenen Glauben Gedanken zu machen.

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