Corona-Hilfen:Härte gegenüber Autokraten

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Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán muss weiter auf die Corona-Hilfen der EU warten - aus gutem Grund. (Foto: John Thys/dpa)

Die EU überweist die ersten Milliarden aus dem Corona-Hilfstopf - doch Polen und Ungarn müssen warten, weil die Kommission Bedenken hat. Und das völlig zu Recht.

Von Björn Finke

Fast 25 Milliarden Euro Corona-Hilfen hat die EU-Kommission gerade an Italien überwiesen - eine erste Tranche, denn insgesamt werden annähernd 70 Milliarden Euro Zuschüsse in das Land fließen. Zuvor hatten bereits Griechenland, Portugal, Belgien und Luxemburg erste Auszahlungen erhalten. Es geht also voran beim Corona-Hilfstopf, dem ehrgeizigen Unterstützungsprogramm der EU. Manche Mitgliedstaaten werden sich aber noch etwas gedulden müssen: etwa Polen und Ungarn. Die Kommission beklagt dort Defizite bei der Rechtsstaatlichkeit und verlangt bessere Vorkehrungen gegen Korruption und Missbrauch der Hilfsgelder, bevor sie die Ausgabenpläne bewilligen kann.

Diese harte Linie ist hochwillkommen - und überfällig. Es darf nicht sein, dass autoritäre Regierungen wie die in Polen und Ungarn EU-Hilfsgelder nutzen, um ihre Macht auszubauen und befreundete Oligarchen zu päppeln. Vor Richtern, Staatsanwälten und kritischen Journalisten müssen diese Westentaschen-Autokraten nicht mehr viel Angst haben, denn Justiz und Medien sind überwiegend auf Regierungslinie gebracht oder mundtot gemacht worden. Umso wichtiger ist es, dass die Kommission die Projektpläne aus Warschau und Budapest genau unter die Lupe nimmt und auf strikte Kontrollen besteht.

Bei dieser Auseinandersetzung geht es ausschließlich um den 800 Milliarden Euro schweren Corona-Hilfstopf. Zweifellos werden sich Kommission und die zwei Regierungen am Ende einigen, und die Zuschüsse werden fließen, hoffentlich dann ausreichend abgesichert. Doch die Behörde sollte nicht nur bei dem neuen Fonds, sondern auch bei Überweisungen aus dem normalen EU-Haushalt Strenge zeigen. Dafür hat sie seit diesem Jahr ein eigenes Instrument zur Hand: den Rechtsstaatsmechanismus für den Etat.

Die Kommission kann demnach Zahlungen zurückhalten, falls Defizite bei der Justiz die ordentliche Verwendung des Geldes gefährden: zum Beispiel, weil Ermittler und Richter sich nicht trauen, gegen Regierungsstellen vorzugehen, wenn da EU-Mittel versickern. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verspricht, den Mechanismus im Herbst für erste Verfahren zu nutzen - spät, aber noch nicht zu spät.

Es geht um den Schutz deutschen Steuerzahlergeldes

Freilich werden Viktor Orbán in Ungarn oder Mateusz Morawiecki in Polen wegen solch finanzieller Nachteile nicht ihren autoritären Kurs stoppen. Ihr Kampf gegen kritische Stimmen in Zivilgesellschaft, Medien und Justiz dient dem Machterhalt, und dieses Ziel dürfte ihnen weit wichtiger sein als die Frage, ob Brüssel einige Zuschüsse verspätet oder vielleicht gar nicht auszahlt. Das skandalöse LGBTQ-Gesetz in Ungarn wird sich mit diesen Etatkontrollen gleichfalls nicht aufhalten lassen. Der Rechtsakt verbietet, nicht-heterosexuelle Beziehungen als Teil gesellschaftlicher Normalität darzustellen - schlimm, doch mit Korruption hat dies leider nichts zu tun.

Vermutlich werden Polens und Ungarns Regierung bei Korruptionsverhütung und Unabhängigkeit der Justiz gerade so viel nachbessern, dass die Kommission keine Einwände mehr erheben kann. Wenn es gut läuft, wird das immerhin verhindern, dass sich die Günstlinge der Autokraten mit Brüsseler Geld die Taschen voll machen. Und Brüsseler Geld ist letztlich das Geld der Steuerzahler reicherer EU-Staaten wie Deutschland.

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