Pandemie:Schönen Urlaub!

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Vorsichtig sein und Abstand halten, dann kann es ein guter Reisesommer werden. (Foto: Lillian Suwanrumpha/AFP)

Mit dem heutigen Tag hebt Deutschland viele Reisewarnungen auf. Dafür war es höchste Zeit, denn schon bisher galt: Weniger das Reisen war das Problem als das Verhalten der Reisenden.

Kommentar von Hans Gasser

Ob der 1. Juli 2021 in die Geschichte eingeht? Als Tag, an dem Europa wieder das wurde, was es behauptet zu sein, nämlich eine Union, in der sich die Bürger frei bewegen dürfen? Man wird sehen. Denn das letzte Wort haben in der EU leider allzu oft immer noch die Nationalstaaten, in Deutschland sogar die Bundesländer. Es war jedenfalls ein sehr guter Tag, aus zwei Gründen: Zum einen gilt nun das EU-Covid-Zertifikat, das in allen Mitgliedsländern akzeptiert wird und seine Besitzer als geimpft, getestet oder genesen ausweist und somit auch bei sich wieder erhöhenden Infektionszahlen Reisefreizügigkeit gewähren soll. Dass diese aber davon nicht abhängig sein darf, hat die EU deutlich gemacht: "Das Covid-Zertifikat ist keine Voraussetzung für die Freizügigkeit. Sie ist ein Grundrecht in der EU."

Zum Zweiten endete an diesem 1. Juli ein Automatismus: An die deutsche Einstufung von Ländern als Risikogebiet wird nicht mehr automatisch eine Reisewarnung geknüpft. 80 Länder fallen somit aus dieser Kategorie. Zusätzlich rät das Auswärtige Amt nicht mehr grundsätzlich von touristischen Reisen ins Ausland ab. Auch das ist eine gute, richtige und überfällige Entscheidung - nicht nur wegen der niedrigen Infektionszahlen und des Impffortschritts. Sondern auch, weil pauschale, undifferenzierte Warnungen irgendwann ihre Wirkung verlieren.

Jetzt wird nur noch vor Ländern mit einer Inzidenz von mehr als 200 gewarnt

Die deutsche Reisewarnung war vor Corona ein scharfes Schwert, um die Bürger vor Gefahren wie Krieg oder Terrorismus zu bewahren. So verständlich es sein mag, dass man zu Beginn der Pandemie pauschal vor dem Reisen gewarnt hat, so lange hat es gedauert, bis man davon wieder wegkam, erst im Herbst 2020. Seitdem galt eine Reisewarnung für alle Länder, die eine Wocheninzidenz von mehr als 50 hatten, auch wenn Deutschland selbst zeitweise bei 200 lag. Von jetzt an wird nur noch vor Ländern mit über 200 gewarnt und vor solchen mit starker Verbreitung von Virusvarianten wie etwa Portugal und Großbritannien.

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Auch hier kann man sich fragen, welchen Sinn es macht, selbst geimpfte Rückreisende etwa aus Portugal 14 Tage in Quarantäne zu stecken, wenn bereits jetzt der Anteil der Delta-Variante in Deutschland bei mehr als 50 Prozent liegt. Gesundheitsminister Spahn hat dies erkannt und bereits eine Herabstufung der beiden Länder zum Hochinzidenzgebiet in Aussicht gestellt.

Die Buchungszahlen sind stark gestiegen

Die Deutschen dürfen und wollen wieder reisen, das zeigen stark steigende Buchungen in den vergangenen Wochen, vor allem für die klassischen Länder am Mittelmeer. Diese sind gut vorbereitet, fast überall gelten Distanz-, Masken- und Kapazitätsregeln. Hoteliers haben dort genauso wie in Deutschland ihre Hausaufgaben gemacht. Aber durch die pauschale Reisewarnung wurde suggeriert: Die machen das nicht so gut wie wir. Das hat schon vor einem Jahr nicht gestimmt und stimmt in diesem Reisesommer, in dem in ganz Europa ähnliche Regeln gelten und eine ähnliche Impfquote da ist, noch weniger.

Und dass klassische Urlaubsreisen die Pandemie befeuern, hat selbst das RKI in einer Studie aus dem vergangenen Herbst eher verneint: "In der zweiten Welle spielen reiseassoziierte Infektionen nur eine sehr untergeordnete Rolle", schrieben die Autoren damals. Es gilt: Nicht das Reisen ist das Problem, sondern wie sich die Urlauber auf Reisen verhalten. Umsicht und Vorsicht sind weiterhin geboten, dann wird es ein guter Reisesommer.

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