Afrika:Die letzten Wächter

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Im Auftrag der Vereinten Nationen: Bundeswehrsoldat in Mali. (Foto: Joerg Boethling/IMAGO)

Warum es trotz aller Hemmnisse richtig ist, den Einsatz der Bundeswehr für die UN-Truppe Minusma in Mali fortzusetzen.

Kommentar von Joachim Käppner

Kleine Fortschritte sind derzeit die besten guten Nachrichten, die aus Mali zu haben sind. Die Bundeswehr macht dort nun wieder ihren Job: Patrouillen, Aufklärung, Auswertung von Bildern ihrer Drohnen. Die Deutschen hatten dies ausgesetzt, nachdem Malis Putschregierung ihnen die Arbeit durch Schikanen erschwert hatte. Und die Bundeswehr ist mit ihren Aufklärungsfähigkeiten ein wichtiger Baustein des UN-Blauhelmeinsatzes Minusma in dem zentralafrikanischen Land.

Die Lage dort ist so kompliziert wie verfahren. 2012 hatten Kämpfer, die teils zur Minderheit der Tuareg und teils zu islamistischen Milizen gehörten, von Norden her erhebliche Teile Malis unter ihre Kontrolle gebracht und ein Regime des Schreckens errichtet. Ein harter Einsatz des französischen Militärs warf sie zurück in die Wüste, seit 2013 soll die Minusma gemeinsam mit kleineren Missionen für Stabilität sorgen - während die Franzosen ihre Kampfeinsätze fortsetzten. Im Mai 2021 putschten malische Generäle sich an die Macht, stoppten den Demokratisierungsprozess und nutzten, um Anhänger zu gewinnen, die verbreitete Abneigung im Land gegen die ehemaligen Kolonialherren aus Paris. Die Kooperation wurde unmöglich, Mitte August holte Präsident Macron die letzten Soldaten heim.

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Ohne Frankreich wird es schwer. Bleiben die UN-Truppen, die erhebliche Opfer gebracht haben und nichts als Undank ernteten: Sie wurden neues Ziel der Junta, die lieber auf russische Wagner-Söldner setzt, offenbar im Glauben, mit diesen an der Macht bleiben und sogar die auf ihre Stunde wartenden Islamisten schlagen zu können. Bisher ist die Kreml-nahe Truppe mehr durch Gräueltaten aufgefallen: Ein UN-Bericht macht erkennbar die Wagner-Bande für schwere Menschenrechtsverletzungen in Mali verantwortlich, auch wenn er die Gruppe nicht namentlich nennt.

Der Mut der Zivilgesellschaft

In Deutschland fordern inzwischen viele den Abzug nach dem Motto: Wer nach der Hand schlägt, die man ihm reicht, ist selber schuld. Ginge es nur um die Putschisten in der Hauptstadt Bamako, wäre das die richtige Konsequenz aus deren destruktivem Verhalten. Aber es geht um ein ganzes Land und dessen Menschen - Malis vor allem im Süden überaus lebendige Zivilgesellschaft, die sich dem islamistischen Terror mutig widersetzte. Und es geht um die Stabilität der Sahel-Region, wie Außenministerin Annalena Baerbock soeben im Bundestag sagte, einer Region, die vom organisierten Dschihadismus massiv bedroht ist.

Die Präsenz der multinationalen Minusma-Blauhelme ist keine Lebensversicherung, aber immerhin bilden sie einen Rest von stabiler und völkerrechtlich abgesicherter Ordnungsmacht. Ein Abzug der Deutschen hätte die UN-Truppe in Mali erheblich geschwächt. Er wäre ein großer Schritt weiter dahin, das Land aufzugeben und es den Islamisten, Putins Söldnern und der - trotz aller westlichen Ausbildungsbemühungen - teils desolaten malischen Armee zu überlassen, die Sache unter sich auszuschießen. Mali würde in einem chaotischen Bürgerkrieg aller gegen alle versinken, ganz oder in großen Teilen Terrormilizen in die Hände fallen oder von russischen Söldnertruppen heimgesucht werden. Letztere sind nicht weniger brutal als die südafrikanischen, belgischen oder deutschen Söldner, die während der Entkolonialisierung von den Sechzigerjahren an eine Plage des Kontinents waren. Nichts davon können sich Deutschland und die EU wünschen.

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