Was sich derzeit in Bulgarien abspielt, lässt sich wohl in die Kategorie "Gewinner und Verlierer" einordnen. Die Polizei des Landes hat Ex-Premier Bojko Borissow vorübergehend festgenommen. Den Angaben zufolge geht es zunächst um einen Verdacht auf Erpressung - doch für Bulgarien geht es um viel mehr: um die Frage, ob das Land in der Lage ist, sich von jahrzehntelang gewachsener, systematischer Korruption zu befreien.
Mit ebendiesem Versprechen war die aktuelle Regierung von Premier Kiril Petkow angetreten. Die Widerstände sind enorm: Im Amt des Generalstaatsanwalts sitzt weiterhin Iwan Geschew, zentrale Figur der als schwach und korrupt geltenden Justiz. Am Freitag beklagte sich Geschew, er sei in die Festnahme des Ex-Premiers nicht eingeweiht gewesen. Aus Innenministerium und Justiz kamen im Nachhinein unterschiedliche Darstellungen von deren Hintergründen. Offenkundig ist da ein Machtkampf im Gange, zwischen alten Eliten und Erneuerern. Und die EU zeigt, auf wessen Seite sie steht: Kurz vor der Polizeiaktion war Laura Kövesi zu Besuch in Sofia, die Chefin der neuen Europäischen Staatsanwaltschaft, die dem Missbrauch von EU-Geldern nachgeht.
Dass der neue Regierungschef eines der korruptesten EU-Länder und die Chefin dieser noch jungen europäischen Behörde jetzt offenkundig gemeinsam den Kampf für Rechtsstaatlichkeit vorantreiben: Das ist ein vielversprechendes Signal - für Bulgarien und für die EU. Eine Win-win-Konstellation, also eine Zusammenarbeit, von der beide Seiten profitieren.