Kritik an Telefonaten mit Putin:Falsche Fährte

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Polens Präsident Duda zieht einen abwegigen Vergleich zwischen Putin und Hitler. Kommunikation bietet zumindest Chancen - wenn sie richtig gemacht wird .

Kommentar von Daniel Brössler

Polens Präsident Andrzej Duda hegt einen Wunsch, den er vermutlich mit vielen Menschen in Europa teilt. Duda sähe es gerne, wenn der Angriffskrieger Wladimir Putin vollkommen isoliert in Moskau säße, geächtet von aller Welt. Insofern ist sein Ärger über die Telefonate von Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit Putin nachvollziehbar. Die Argumente, mit denen Duda seine Kritik begründet, aber bleiben zum Teil beklemmend unterkomplex.

Mit Adolf Hitler habe auch niemand gesprochen, sagt Duda. Es sei nur darum gegangen, ihn zu besiegen. Abgesehen davon, dass die verbrecherische Natur des Putin-Regimes auch ohne abwegige Hitler-Analogien offenkundig sein sollte, legt Duda eine falsche Fährte. Die Ukrainer brauchen keine totale Niederlage Russlands, sondern den Rückzug von Putins Soldateska aus ihrem Land. Duda spricht mit seiner Kritik eben gerade nicht für die Ukraine und ihren Präsidenten. Wolodimir Selenskij will mit Putin reden. Putin ist es, der das Gespräch verweigert.

Telefonieren ist gut. Die Forderung Macrons aber, Putin nicht zu demütigen, irritiert

Telefonate, wie Scholz und Macron sie führen, bieten zumindest die Möglichkeit einer indirekten Kommunikation. Sie schaffen einen der Drähte, um über das Schicksal der von Russland verschleppten Kämpfer aus dem Asow-Stahlwerk in Mariupol zu sprechen oder über den Export ukrainischen Getreides. Olaf Scholz verteidigt die Telefonate auch als seltene Chance, Putin mit der Realität zu konfrontieren - wenn auch bisher mit keinem greifbaren Resultat. Dudas Behauptung, die Telefonate brächten nichts, zu widerlegen, ist Scholz und Macron jedenfalls noch nicht gelungen.

Umso verheerender wirkt daher die Forderung Macrons, Putin dürfe nicht gedemütigt werden. Sie kann im Umkehrschluss nur so verstanden werden, dass der Franzose der Ukraine große Gebietsverluste zumuten will. Weil ja der entfesselte Imperialist Putin alles andere als demütigend empfinden würde. Um das zu erfahren, muss Macron allerdings nicht in Moskau anrufen.

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