Wiederholung von "Hart aber fair":Jetzt noch dreimal - dann ist das Kult!

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Müssten auch erst mal wiederkommen: Sybille Mattfeldt-Kloth (rechts) und Jörg Schönenborn waren am Montagabend neu in der Runde. (Foto: Oliver Ziebe/WDR)

Was, wenn bei "Hart aber fair" nun jeden Montag über Genderfragen diskutiert würde, bis alle zufrieden sind - oder rausgewählt? Ein Vorschlag.

Von Evelyn Roll

Logisch, psychologisch und schlau wäre jetzt: Weitermachen. Immer weitermachen. Alle Gäste Montag für Montag wieder einladen, jede(n) Einzelne(n), so lange bis Ruhe ist. Bis sie oder er es in den Augen aller im Rundfunkrat vertretenen Lobbyisten sowie sämtlicher auf Twitter organisierten Privat-Kampfgruppen und Wortpolizei-Trolls endlich richtig gemacht und auch von Medienjournalisten nicht mehr kritisiert wird. Dann - und nur dann - dürfen sie raus, müssen sie sogar.

"Hart aber fair"
:In der Befindlichkeitsfalle

Die Talk-Gäste, die bei Frank Plasberg im März zum Thema Gleichstellung einen Eklat verursachten, trafen sich zur therapeutischen Wiederholungssendung.

Von Paul Katzenberger

Den Titel Hart aber fair ändern wir in "Härte und Fairness - Nachsitzen mit Frank Plasberg", das ist gendermainstreammäßig dann wirklich okay, weil die beiden wunderbar weiblichen Substantive als ausgleichendes Gegengewicht funktionieren zu der schrecklich unzeitgemäßen Tatsache, dass Frank Plasberg ein Mann ist. Das Thema bleibt natürlich: Irgendwas mit Gender - Männer und Frauen also. Geht immer. Ist immer großartig. Kann auch jederzeit ausgeweitet werden auf andere Minderheiten und Grundsatzfragen zur Debattenkultur im Bezahlfernsehen.

Drei, vier Folgen gelassen abwarten! Dann ist das Kult! Falls es nicht ganz so schnell funktioniert, könnte der WDR jede zweite umstrittene Folge für ein paar Wochen rausnehmen aus der Mediathek. Und wieder reinstellen, wenn der Shitstorm "Zensur" brüllt. Wird schon!

Alles richtig gemacht und dazu noch sehr gut ausgesehen

Nächsten Montag zum Beispiel fliegen raus: Sophia Thomalla, die schon in der ersten Wiederholung noch einmal wirklich alles richtig gemacht und außerdem sehr gut ausgesehen hat.

Wolfgang Kubicki wird zwar schrecklich fehlen, weil er allein die Männerquote um sieben Prozent erhöht, weil er der Einzige ist, der Artikel drei, Absatz zwei des Grundgesetzes im Wortlaut kennt. Aber er hat nun einmal leider die intelligenteste Frage des Abends gestellt: "Wenn Beschwerden über die Auswahl der Gäste entscheidend dafür waren, die Sendung aus der Mediathek zu nehmen, warum sitzen wir wieder hier?" Und außerdem war er wirklich hinreichend reumütig , hat also schon alles gelernt: Kein Macho-Zeug mehr reden! Nicht witzig sein! Nicht mit schönen Frauen flirten! Und tschüss also.

Auch Birgit Kelle muss raus, war zu souverän und gescheit. Und sowieso gehen muss Anton Hofreiter, der schon wieder bayerische Ruhe, Sachlichkeit und Fakten ins Chaos getragen hat und außerdem wirklich "so schön gendermäßig" aussieht (Zitat Kubicki aus der ersten Folge).

Nachsitzen mindestens für noch eine Folge muss dafür die Aufschrei-Beraterin und Autorin Anne Wizorek, und zwar solange, bis sie gelernt hat, dass Menschen und ihre Argumente im Fernsehen sowohl sympathischer als auch intelligenter rüberkommen, wenn sie ihre Mitdebattierenden auch einmal ausreden lassen, - vielleicht sogar zweimal. Wiederkommen muss selbstverständlich auch Sybille Mattfeldt-Kloth, die stellvertretende Vorsitzende des Landesfrauenrats Niedersachsen, so lange, bis sie öffentlich bereut hat, Menschen, in diesem Fall sogar einer Frau, ihren Mehrwert abzusprechen. Oder bis sie wenigstens in der Gender-Sache einmal irgendetwas Kluges, Interessantes oder Neues sagt, was, nun, ja, Mehrwert bringen könnte.

Wiederkommen muss selbstverständlich vor allem Jörg Schönenborn, der Fernsehdirektor des WDR, dessen Selbstzerknirschungsnummer zwar schon sehr gut war, nahezu perfekt. Aber er hätte auf keinen Fall vor Ende der Sendung gehen dürfen mit diesem Ich-bin-hier-immer-noch-der-Chef-Gesicht. Das war ein schwacher Abgang. Und ein Fehler.

Sagt wer? Eine Kritikerin der Süddeutschen Zeitung, die nun also das nächste Mal dazu eingeladen werden muss. Außerdem kommen natürlich die beiden wunderbaren Schwarzen, der bayerische CSU-Innenminister Joachim Herrmann und Roberto Blanco - ein vom Unfug Betroffener Nichtexperte gehört nun einmal zum Konzept. Das ist bis jetzt aber hier keine ernst zu nehmende, sachliche TV-Kritik, oder?

Der bleibt!

Stimmt. Weil man keinen ernst zu nehmenden, sachlichen Satz über diese Wiederholung einer Real-Satire denken oder schreiben kann, höchstens über die Vorgänge hinter den Kulissen, über Fehler also, die zwangsläufig passieren, wenn eine Institution unbedingt alles ganz richtig und es allen Recht machen will. Das in diesem Fall vom WDR gewählte Entlastungsritual nannten die Kommunisten übrigens "Kritik und Selbstkritik". Die Ausnutzung der Psychomechanismen bei kollektiven Selbstzerknirschungsritualen ist ein widerwärtiges Machterhaltungsinstrument.

Und schon die Kommunisten hatten sich die Details bei den christlichen Ordensgemeinschaften abgeguckt, da heißt es sehr viel schöner Correctio Fraterna. Das geht aber als Sendetitel/In für unsere Talk-Serie gar nicht, weil es die nicht Latein sprechenden Minderheiten exkludiert.

Und noch ein ernst gemeinter Satz, bitte sehr: Frank Plasberg hat das alles cool und souverän absolviert. Der bleibt!

© SZ vom 09.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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