ZDF-Serie "WatchMe":Ziemlich nackt

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Malaika (Maddy Forst) posiert für eine fiktive Version der Pornoplattform OnlyFans - ihre Managerin hätte es gerne freizügiger. (Foto: Jonas Römmig/ZDF)

Beim ZDF ist mit "WatchMe" innerhalb weniger Wochen eine Serie zur Pornoplattform OnlyFans entstanden. Ein wenig mehr Zeit hätte nicht geschadet.

Von Clara Meyer

Eine so verständnisvolle Oma hat nicht jeder: "Hast du noch Wäsche für mich?", fragt sie ins Zimmer ihrer erwachsenen Enkelin: "Sekunde", antwortet Malaika (Maddy Forst). Sie arbeitet noch. Die Oma nickt und schließt die Tür. Malaika macht weiter Fotos von sich, erst in Unterwäsche, dann zieht sie ihren BH aus. Sie nimmt gegen Geld Fotos für WatchMe auf, einer fiktiven Version der realen Plattform OnlyFans, einer Art Social Media für pornografische Inhalte. Die Nutzer zahlen für freizügige Fotos, Videos und Livestreams ihrer Lieblingsdarsteller, "Creators" heißen sie. In der ZDF-Serie WatchMe verfolgen die Erzählstränge die verschiedene Wege, die Plattform zu nutzen. Die einen sehen sich als Pornodarsteller, die anderen als Sexarbeiter. Für manche ist es ein Akt der Selbstbestimmung, andere verspüren Druck.

Malaika aber versteht sich als Aktivistin. Sexualisiert werde sie sowieso, indem sie ausgewählte Fotos ihres Körpers auf WatchMe hochlädt, schlägt sie einen Nutzen daraus - so sieht sie das. Ein anderer, Josh (Simon Mantei), hat vor der Kamera Sex mit seinem jüngeren Freund Tim (Michelangelo Fortuzzi). Toni (Anna Werner Friedmann) sieht in WatchMe zunächst das schnelle Geld. Dann findet die alleinerziehende Mutter durch die Plattform doch tatsächlich den Bezug zu ihrer Sexualität wieder.

Doch die Grenzen der Pornografie beginnen auch zu verschwimmen - als ein Kunde Toni zuhause besucht ("Ich bin keine Prostituierte"). Bei Malaika verschwindet die Selbstbestimmung, als ihre Managerin ihre Bilder ohne Einwilligung veröffentlicht. Die Reaktionen ihrer Fans bewegen sie zu einer Schönheits-OP.

Die Serie wurde erst Anfang 2023, innerhalb weniger Wochen gedreht

Die Kamera geht nah ran an die Protagonisten der Serie, auch in den recht schonungslos gefilmten Sexzenen. Die wirken in WatchMe echt und weniger geschönt als in anderen Produktionen, die Serie wurde mit der Altersbeschränkung FSK16 bewertet. Eine Intimitätskoordinatorin, Marit Östberg, wirkte am Set, Regisseurin Alison Kuhn ( "The Case You") inszeniert. Im expliziten Verhandeln von Sexualität, auch in der Diversität der Protagonisten erinnert WatchMe ein wenig an die erfolgreiche britische Serie Sex Education, die mittlerweile in die vierte Staffel geht.

Eine tiefgründigere Geschichte entsteht in WatchMe aber nicht, die Hauptfiguren macht kaum mehr aus als ihre Tätigkeit bei der Porno-Plattform. Die Serie besteht auch nur aus sechs kurzen Folgen, jeweils zwischen fünfzehn und zwanzig Minuten lang, und sie ist in Rekordzeit entstanden. WatchMe wurde erst Anfang 2023 gedreht, in der Formatreihe, die das ZDF Instant-Fiction nennt. Innerhalb weniger Wochen entstehen so Serien, die besonders schnell aktuelle Themen abdecken sollen.

So nun auch die Plattform OnlyFans, die seit ihrer Gründung im Jahr 2016 kontrovers diskutiert wird. Fördert sie Selbstermächtigung? Oder eher Macht- und Datenmissbrauch? Diese Debatte wurde medial zuletzt als Podcast ( "Hype & Hustle - die OnlyFans Revolution") aufgearbeitet und in öffentlich-rechtlichen Dokumentationen. Mit WatchMe ist nun eine kleine fiktionale Produktion entstanden - doch um wirklich an den Erfolg einer Serie wie Sex Education anknüpfen zu können, hätte man sich Zeit für mehr Tiefe nehmen müssen.

WatchMe, sechs Folgen, in der ZDF-Mediathek.

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