Uli Hoeneß als TV-Kommentator:"Heut habe ich ein deutsches Herz"

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Uli Hoeneß (l.) und Moderator Florian König stehen bei der Übertragung des Fußball-WM-Qualifikationspiels Deutschland gegen Island am Donnerstag im RTL-Studio in Köln. (Foto: Henning Kaiser/dpa)

Weltmeister, Manager, Wurschtfabrikant, Steuersünder, Ehrenpräsident - und jetzt TV-Experte bei RTL. Uli Hoeneß braucht in seiner neuen Rolle etwas, bis er zu bekannter Form aufläuft.

Von Holger Gertz

Fernsehfußball ist inzwischen oft eine ausgesprochen junge Angelegenheit. Drüben bei Sky zum Beispiel reden Nele und Amina über Matchpläne, es gibt Schmiso, den Livekommentator, und natürlich Max, der berichtet in seiner Transfermarkt-Sendung über die neuesten Angebote für zum Beispiel David Alaba, die "finanziell sehr, sehr, sehr, sehr interessant" sind. Das sind nun mal die Kategorien bei einem Bezahlsender, weshalb der junge Max in Podcasts, die von noch jüngeren Sportjournalisten moderiert werden, dann als "Transferguru" gefeiert wird.

Nun hat man sich beim früher jungen, inzwischen graumelierten Sender RTL entschieden, alterstechnisch antizyklisch dagegenzuhalten. Kontrastprogramm für Leute, die noch wissen, wer des Kaisers Putzer war und warum der Schluchsee eine Zeit lang Schlucksee genannt wurde. Für drei WM-Qualifikationsspiele gibt Uli Hoeneß, 69, sein Debüt als Experte, was den Bild-Kolumnisten Alfred Draxler, 68, zu der gewohnt steilen These veranlasste: "Der wahre Star im Vorfeld ist ohne Frage Uli Hoeneß." Nun will man vom alten Draxler grundsätzlich weniger hören, vom alten Hoeneß allerdings schon gern wieder mal was. Damals, als die gesamte Sky-Belegschaft noch nicht mal in den Windeln gelegen hat, hat der wahrhaftige Transferguru Hoeneß Giganten wie Lothar Matthäus verpflichtet, allerdings auch Nichtgiganten wie Adolfo Valencia, der das sogenannte Leder gern in den Baumbestand hinterm Tor beförderte, man nannte ihn den Entlauber.

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Der Weltmeister, Manager, Wurschtfabrikant, Steuersünder und Ehrenpräsident Ulrich Hoeneß ist jetzt TV-Experte. Wer sich beim WM-Qualifikationsspiel gegen Island nun Radau erwartet hatte, wurde zumindest am Anfang nicht bedient, das merkte man schon, als Bundestrainer Löw vor der Partie live ins Studio geschaltet wurde, wo Hoeneß ihn mit einem hingehauchten "guten Abend Jogi" begrüßte, die Tonart war auch schon mal anders. Hoeneß also nicht scharfkantig aus der Abteilung Attacke, sondern zugewandt wie der sonst in diesem Kanal versendete Bachelor.

Die Münchner im Nationalteam schenkten dem neuen Experten sogleich das 1:0, Tor Goretzka. Das wärmte Hoeneß' Bayern-Herz, obwohl er behauptete: "Heut habe ich ein deutsches Herz." Er zählt nicht zu denen, die über ballferne Zehner philosophieren, für ihn ist das Mittelfeld ein Mittelfeld beziehungsweise ein gutes altes Prunkstück. Und so tastete sich die deutsche Fußballnationalmannschaft auf dem Umweg über die Vergangenheit nach vorn. Spielte in schwarzen Trikots, wie zuletzt bei der WM 2010. Unter den Augen von Uli Hoeneß, der schließlich zu bekannter Form auflief, über Machtspiele und Postenschacherei im Deutschen Fußball-Bund redete und am Ende von Moderator Florian König auf das Thema angesprochen wurde, das wie ein Schatten über dieser WM-Qualifikation hängt, das Turnier wird ja in Katar gespielt, wo Menschenrechte nicht viel gelten und Gastarbeiter wie Sklaven behandelt werden. Die deutsche Nationalmannschaft hatte sich vorm Spiel die Worte HUMAN RIGHTS auf die Aufwärm-Shirts gemalt und das für eine Botschaft gehalten, offenbar. Und Hoeneß, Ehrenpräsident des mit Katar verbandelten FC Bayern, sagte: "Eine WM in Katar und ein Engagement des FC Bayern dort kann auch dazu führen, dass die Arbeitsbedingungen besser werden." Frei übersetzt: Uns ist natürlich klar, was da vorgeht. Aber dort spielen wollen wir trotzdem.

Man wird dieses Argument in den kommenden Monaten noch oft hören, da hatte also der neue Experte am Ende glatt den Ton gesetzt.

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