Im Deutschen Fernsehen gibt es grundsätzlich zwei Spezies von Moderatoren: Solche, die lustig sind und solche, die versuchen, lustig zu sein. Matthias Opdenhövel gehört zur zweiten Kategorie. Wer dem Moderator von "Schlag den Raab" zuhört, könnte annehmen, dieser wähne sich noch immer in der Rolle des Ansagers für die RTL 2-Sendung "Bitte lächeln", die er einst moderierte. Opdenhövel versucht ununterbrochen lustig zu sein. Ohne Unterlass. He's trying too hard, würde man im Englischen sagen - er versucht es zu sehr. Ab und zu, das muss man ihm zugute halten, gelingt das sogar. Die meiste Zeit jedoch fischt der Moderator so ungekonnt nach Lachern, wie manche Menschen nach Komplimenten.
Dabei ist vor allem das breite Spektrum des Niveaus in hohem Maße befremdlich: Mal platziert er durchaus intelligente Kommentare von subtilem Humor, mal sind seine Witze so infantil, dass sie Kopfschütteln hervorrufen. So beispielsweise zu Beginn der 27. Ausgabe der Unterhaltungsshow, als Opdenhövel sich gemeinsam mit Raab über den Heimatort eines Kandidaten lustig macht: Die Tatsache, dass es eine Gemeinde gibt, die Timmendorfer Strand heißt, finden beide so dermaßen lustig, dass gleich mehrere Witze darauf verwendet werden. Anschließend macht sich Opdenhövel noch über den Nachnamen des Kandidaten lustig. Die Devise des Moderators: Jeder Witz ist ein guter Witz.
Die lange Einleitungsphase der Show ist wie gewohnt zäh. Raab wird in einem langweiligen Einspieler als Rambo stilisiert, der nach seiner Niederlage in der vergangenen Sendung auf Wiedergutmachung sinnt. Der Showmaster, der sich gerne medienwirksam als FC-Köln-Fan ausgibt, aber nicht wirklich über Fußballsachverstand verfügt, macht einen Witz über die Niederlagenserie von Borussia Mönchengladbach. Offensichtlich hat der Fußballexperte Raab nicht mitbekommen, dass jene Borussia wenige Stunden zuvor gewonnen hat. Das ging daneben.
Es folgt die Präsentation der Kandidaten: Ein Arzt, eine Psychologin, ein Briefträger, ein Sportstudent und ein Anwalt, der inzwischen Journalist ist, werden jeweils in einem mehrminütigen Film portraitiert. Die vermeintlichen Alltagssituationen in den Einspielern wirken gestellt, die Kandidaten unnatürlich. Wer Familie hat, hält die Kinder in die Kamera ("Unser Sonnenschein"). Jeder macht seine obligatorische, "lustige" Ansage (Briefträger: "Ich schlag den Raab. Das geb' ich Euch schriftlich. Wenn's sein muss auch per Einschreiben.").
Opdenhövel spult die Witze ab, die er sich vor der Sendung zurecht gelegt hat. Ein Kandidat gibt als Hobby Rollkunstlaufen an. Der Moderator stürzt sich darauf: Die Frage "Was ist denn da schief gelaufen?" soll bei jenen Zuschauern Lacher auslösen, in deren Männlichkeitsbild kein Platz für maskuline Rollschuhfahrer ist. Opdenhövel schiebt direkt nach: "Soso. Du bist also der berühmte doppelte Axel". Eine Anspielung auf eine Figur im Eiskunstlauf, die Axel heißt. Das soll lustig sein, weil der Kandidat ebenfalls Axel heißt. Tack-tack-tack. Opdenhövel ist wie eine Nähmaschine. Seine Witze haut er im Sekundentakt heraus.
Der Psychologin stellt die Nähmaschine folgende Frage: "Was geht gerade im Kopf von Stefan vor?" Psychologen sind ja bekannt für ihre Fähigkeit, Gedanken lesen zu können. Der Kandidatin ist die Frage peinlich, sie bringt nur ein "Ist schwer einzuschätzen, denk ich mal" heraus, und quittiert Opdenhövels Frage mit einem höflichen, aber künstlichen Lachen. Eine ausgesprochen unangenehme Situation.
Am Ende wird es der Sportstudent: Der muskulöse Deaon darf Stefan Raab herausfordern. Es geht um 500.000 Euro. Wann immer Opdenhövel diese Summe im Verlauf der Sendung nennt (gefühlt alle zehn Minuten), johlt und applaudiert das Publikum frenetisch.
Über eine halbe Stunde samt Werbepause und Product-Placement-Gewinnspielen ist vergangen, bis die eigentliche Show überhaupt beginnt. Hier zeigt sich die Stärke des Programms. Die einzelnen Spiele sind unterhaltsam und gut durchdacht, Raab sorgt mit seinem Ehrgeiz für einen authentisch wirkenden Wettbewerb. Ein Highlight des Abends ist das Augenspiel: Ein Gesichtsausschnitt einer prominenten Person wird auf einer Videowand gezeigt. Der Kandidat, der ihn zuordnen kann, erhält einen Punkt.
Verbissenheit und Siegeswille
Bei einem Augenpaar ist Stefan Raab sich besonders sicher. Buzz: "Wolfgang Overath!" Es stellt sich jedoch heraus, dass die Augen nicht jene des berühmten Fußballers sind, sondern die von Papst Benedikt XVI. Wobei - das ist das Ironische - Wolfgang Overath für FC-Fans wie Raab durchaus einen Heiligenstatus inne hat, als Kölner Vereinspräsident zudem eine gewisse paternale Aura ausstrahlt. Der Ehrgeizling will seine Fehleinschätzung nicht akzeptieren und behauptet, Wolfgang Overath und der Papst hätten exakt die gleiche Augenpartie. Er werde dies demnächst nachweisen.
Es ist nicht zuletzt diese Verbissenheit Stefan Raabs, dieser unbedingte Siegeswille, die seine Show so attraktiv machen. Unterhaltsam ist darüber hinaus die Rolle, die Matthias Opdenhövel spielt (wenn er nicht gerade schlechte Witze macht) - das hat Methode: Es ist inzwischen bewährtes Konzept, dass sich zwei TV-Partner in einer Sendung regelmäßig sticheln (Gerhard Delling und Günter Netzer, die sich jahrelang bei Sportübertragungen der ARD beharkten, bilden hier das wohl prominenteste Paar). Und beim Duo Raab/Opdenhövel wirkt das gar nicht mal zu sehr aufgesetzt. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man annehmen, der ehemalige Viva-Moderator Opdenhövel will mit seinen Attacken gegen den ehemaligen Viva-Moderatoren Raab den etwas weniger erfolgreichen Karriereverlauf kompensieren. Wie gesagt, wenn man es nicht besser wüsste.
An diesem Abend bleibt Raab dennoch chancenlos. Nichts will ihm gelingen, er steht etwas neben sich. Es ist ein Wissensspiel, das dem Herausforderer Deaon nach Mitternacht den entscheidenden Punkt einbringt - und ihn um eine halbe Million Euro reicher macht. Die Freude ist schier grenzenlos. Konfettiregen. Extase. Die schönsten Bilder der Sendung werden noch einmal eingespielt. Dazu läuft Whitney Houston - "One Moment in Time". Vorhang.