Tödliche Länder für Journalisten:Nach der Sendung erschossen

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13 Kugeln im Kopf - Honduras und Mexiko sind für Reporter blutige Einsatzgebiete. Die Polizei ist dabei keine Hilfe.

Peter Burghardt

José Bayardo Mairena soll eine klare und unverwechselbare Stimme gehabt haben, heißt es. Am Freitagmorgen war sie zum letzten Mal in Radio Excélsior im Südwesten von Honduras zu hören. Nach der Sendung stieg der Moderator gemeinsam mit einem Kollegen ins Auto und fuhr von der Ortschaft Juticalpa Richtung Catacamas, auf dem Weg gerieten sie in den tödlichen Hinterhalt. Unbekannte Täter feuerten auf beide je 13 Kugeln ab. Mairena, 52, starb sofort, sein Kollege, 55, im Krankenhaus. Mit ihnen sind es bereits fünf Journalisten, die allein im März in dem mittelamerikanischen Land ermordet wurden. Von den Mördern und ihren Motiven wissen die Behörden offiziell nichts, wie üblich.

Der Anschlag erweitert das Entsetzen der lateinamerikanischen Medienorganisationen über das gefährlichste Einsatzgebiet der Welt. Erst vor einer Woche hatte die Interamerikanische Presse-Vereinigung IAPA auf 13 Morde an Journalisten im vergangenen Halbjahr auf dem Subkontinent hingewiesen, nun sind es mindestens 15. In Montería im Norden Kolumbiens war zuvor Clodomiro Castilla Ospino erschossen worden, Direktor der Zeitschrift El Pulso del Tiempo, Puls der Zeit. Söldner streckten ihn vor seinem Haus nieder, seinen Leibwächter hatte er abgegeben. Insgesamt wurden südlich des Rio Grande seit dem Jahr 2000 fast 70 Berichterstatter umgebracht.

Die Polizei ist oft keine Hilfe

Der Kolumbianer Castilla soll über die Kontakte von Politikern zu Todesschwadronen informiert haben, das war sein Todesurteil. In Kolumbien bekriegen sich linke Guerilleros, rechte Paramilitärs und der Staat, es geht um Macht, Drogen und Geld, da sind Recherchen unerwünscht.

Mexiko leidet heute mindestens genauso unter dem Rauschgifthandel, dort wurden 2009 zwölf Journalisten getötet und in diesem Jahr schon vier. Manche Medien lassen ihre Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen kaum mehr über Kokaingeschäfte nachforschen, andere werden von der Mafia bezahlt.

Polizei und Regierung sind oft keine Hilfe. Kolumbiens rechtskonservativer Präsident Álvaro Uribe rückte einen Reporter in die Nähe der Guerilla, worauf der Kritiker Todesdrohungen von Paramilitärs erhielt. In Venezuela wiederum lässt der linke Staatschef Hugo Chávez oppositionelle Medien bedrängen. Auf Kuba sitzen mehr als 20 Journalisten im Gefängnis. Und in Honduras verlangen die Reporter ohne Grenzen die Aufklärung der neuesten Morde.

Es gehe nicht nur um das organisierte Verbrechen, sondern nach dem Putsch vom Juni 2009 auch um Angriffe gegen Hüter der Menschenrechte. Honduras sei mit Mexiko zurzeit "Amerikas tödlichstes Land für Journalisten".

© SZ vom 30.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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