"Tatort" aus Luzern:Mal wieder eine klassische Mörder- und Motivsuche

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Auf Alibifragen und die üblichen Szenen im Vernehmungszimmer hätte der Luzerner Tatort gern verzichten können. (Foto: ARD Degeto/SRF/Daniel Winkler)

Der Schweizer "Tatort" erzählt von einem Mord, der wie Suizid aussehen soll. Unspektakulär, aber für Luzerner Verhältnisse solide.

Von Katharina Riehl

Wer größere Teile seiner Lebenszeit mit deutschen Fernsehkrimis verbringt, dem stellen sich immer wieder drängende Fragen, zum Beispiel diese hier: Wie oft kommt es im Alltag eigentlich vor, dass Kommissare in das Büro einer irgendwie gearteten Führungskraft stürmen, dabei die Schreie der Vorzimmerdame ignorierend, die doch nur ihre verzweifelte Pflicht tut mit den Worten "Sie können da nicht rein!"? So etwas wird ja leider in keiner Kriminalstatistik erfasst.

Beim Bullshit-Bingo der Tatort-Klischees sind die Fälle aus der Schweiz traditionell immer weit vorne mit dabei, und so fügt sich auch diese Vorzimmersequenz ganz geschmeidig ein in die Szenerie aus einer skrupellosen Mutter und einem talentlosen Sohn, die vom Chefbüro hinter besagter Sekretärin über die Geschicke der Baufirma Conti wachen. Der Seniorchef der Firma ist angeblich vor Jahren in Thailand beim Tsunami ums Leben gekommen, doch ein Toter auf der Schweizer Autobahn sieht dem Unternehmensgründer erstaunlich ähnlich.

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Die Kommissare Reto Flückiger und Liz Ritschard ermitteln in einem Mord, der wie ein Selbstmord aussehen soll, denn der Mann, der wie Conti aussieht, fiel von einer Brücke auf die Scheibe eines Lastwagens. "Zwei Leben" heißt die Episode (Buch: Felix Benesch, Mats Frey; Regie: Walter Weber) deshalb, weil von der Szene des Sturzes ausgehend zwei Geschichten erzählt werden - die der Mordermittlung und die des Lastwagenfahrers Beni Gisler, der schon in seinem früheren Leben als Zugführer zweimal unfreiwillig Helfer bei Suiziden wurde. Gisler ist ein schwer traumatisierter, einsamer Mann und außerdem ein alter Bekannter des Kommissars Flückiger, der wiederum von seiner neuen Freundin bekocht und geküsst wird, sich also rundum von seiner menschlichen Seite zeigt.

Vergangene Woche hat der Tatort mit einer Ermittlung im Stau Baden-Württembergs mal wieder gezeigt, wie beweglich das Format sein kann. Der Fall aus der Schweiz dagegen ist eine klassische Mörder- und Motivsuche, mit Alibifragen und Vernehmungszimmer und einem vorgesetzten Regierungsrat, der immer allen im Wege steht. Ein unspektakulärer, gemessen am sonstigen Œuvre aus Luzern aber sehr solider Krimi.

Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.

© SZ vom 16.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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