Drei Wochen nach dem letzten Falke- Tatort kommt schon wieder einer, vorher hatten sie sich anderthalb Jahre Zeit gelassen. Figurenentwicklung? Kann man bei einem so unrunden Turnus natürlich vergessen.
Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) war mal als rauer Straßenbulle aus Hamburg-Billstedt angelegt, der trotzdem einen Blick für seine Umgebung hat. Einer, der nach Whisky-Cola aussieht, aber Milch trinkt. Nach neun Fällen ist aus dieser ambivalenten Figur ein eindimensionaler Charakter geworden, ein grundguter Mensch, der sich bei seiner Kollegin immer ganz schnell entschuldigt. Und wenn er schimpft, dieser Falke, dann murmelt er "Scheiße. Scheiße, Scheiße, Scheiße". Wie eine halblaut vorgetragene Reminiszenz an Schimanski, der aber nicht deshalb so groß war, weil er "Scheiße" noch anständig gebrüllt hat. Sondern weil er Kotztüte und Moralist zugleich sein konnte, man musste auch als Zuschauer immer etwas arbeiten, um an seinen guten Kern zu kommen, allein das war schon spannend.
Die Episode "Dunkle Zeit" von Niki Stein (Buch und Regie) zeigt, warum die Geschichten mit dem ja sehr populären Möhring nicht über Mittelmaß rauskommen. Anarchisten bedrohen Rechtspopulisten, ein Rechter fliegt mit seinem Auto in die Luft. Wer also war's? Ein Krimi vom Reißbrett, in dem am Anfang ein unverschämt platter Hinweis für die Auflösung gegeben wird. Die "Neuen Patrioten" erinnern sehr an die AfD.
Anders als Faber kann Falke nicht aus seiner Haut
Und Falke stellt seinen Entwurf einer besseren Welt dagegen, erzählt vom "Boxclub Wacker Vorwärts 1904", wo man gelernt hat, dass alle Menschen gleich sind und so weiter. Er kann ja nicht aus seiner Haut, anders als der Dortmunder Kollege Faber, der sich - zur Herausforderung des Publikums - schon mal scheinbar mit den Rechten einlässt, um sie von innen heraus danach erst recht erledigen zu können.
Dieser Tatort ist eine Sammlung von Klischees. Die Linken zu ungewaschen, die WGs zu alternativ, die Diabolischen zu diabolisch, die Geleckten zu geleckt, die Braven zu brav. Am allerschlimmsten ist die Journalistin, die einem Interviewpartner ihre Fragen übergibt, ernsthaft mit folgenden Worten: "Ich geb' Ihnen bis 23 Uhr Zeit, sie zu beantworten - sonst muss ich die Geschichte so schreiben, dass Sie der Alleinschuldige sind."
Der gute alte Jürgen Roland hätte es nicht kraftvoller überzeichnen können.
Das Erste, Sonntag, 20.15 Uhr.