Paranoia-Thriller:Böses Fischstäbchen

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Die Serie "Mysterious Mermaids" ist politisch korrekt und doch rätselhaft. Die Meerjungfrauen sind dort alles andere als fröhliche Arielles, eher bedrohliche Biester, die an Land gehen, um sich an Kleinstädtern zu rächen.

Von Benedikt Frank

Bristol Cove ist eine amerikanische Küstenstadt mit einer Besonderheit: Laut Legende verliebte sich der Gründungsvater in eine Meerjungfrau, derer es einst viele gab. Für die heutigen Bewohner ist die Story bestes Stadtmarketing. Beim Straßenfest torkeln Touristinnen im Meerjungfraukostüm umher, an jeder Ecke gibt es Nippes mit den Fabelwesen. Da läuft Ben (Alex Roe) eine echte Nixe vors Auto. Mit den neu gewachsenen Beinen kann sie noch nicht gut umgehen, und sie ist alles andere als märchenhaft - was Ben aber nicht sofort merkt.

Der US-Sender Freeform gehört zwar zum Disney-Konzern, seine Serie Siren hat aber mit der fröhlichen Zeichentrickwelt einer Arielle nichts zu tun. Statt ausgelassen "Unter dem Meer" zu singen, ziehen die Kreaturen Fischer wie die Sirenen der griechischen Mythologie in ihren Bann. Nicht der Traumprinz zieht Meerjungfrau Ryn (Eline Powell) an Land, sondern der Umstand, dass ihre Schwester vom Militär entführt wurde und sie die an Land sucht. Dazu erlernt sie langsam die Sprache der Menschen. In der Serie, die Pro Sieben unter dem Titel Mysterious Mermaids zeigt, nähern sich die bedrohlichen Biester nun als Lungenatmer ihnen wohlgesonnenen Menschen an. Umgekehrt entdecken diese Helfer bald die dunklen Seiten der Stadt- und Familiengeschichte und haben alle Hände voll zu tun, die Katastrophe abzuwenden.

Die Serie will vieles sein. Sie hat Elemente von Monster- und Actionfilmen, zitiert etwa den Weißen Hai direkt in der ersten Folge. Teils ist sie ein Paranoia-Thriller um Geheimpläne des Militärs, wobei dieser Handlungsstrang später nahezu aufgegeben wird. Das schafft Platz, damit die Geschichte von einer Stadt im Wandel und dem interkulturellen Aufeinandertreffen von Mensch und Meerjungmensch handeln kann. Außerdem ist die Serie ökologische Fantasy. Meerjungfrau Ryns Schwester wurde gefangen, weil die beiden auf der Suche nach durch Überfischung rarer Nahrung zu nahe an der Oberfläche schwammen. Praktischerweise haben die Fabelwesen übermenschliche Kräfte, um härter zurückzuschlagen als der durchschnittliche Umweltaktivist. Und dann ist da noch eine, wie alles an dieser Serie wenig subtile Referenz: Die Freundin des Biologen Ben ist Nachfahrin amerikanischer Ureinwohner, das kolonialistische Unrecht an diesen spiegelt sich im Schicksal der Meerjungleute.

Schön anzusehen ist Eline Powells Spiel als Ryn, die wie Kaspar Hauser in die moderne Welt platzt. Die Themen sind zwar rhythmisch verwoben, aber auch beliebig. So passiert zwar immer etwas Neues, durch rätselhafte Lücken bei Handlungen und Motivationen der Protagonisten ist die Serie aber qualitativ näher am Fischstäbchen als am Biowildlach

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© SZ vom 26.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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