Wer je das Vergnügen hatte, der Redaktion der Tagesschau bei der Arbeit zuzusehen, wusste schon, dass Jan Hofer ein ganzer Mensch ist. Er saß kurz vor acht in einem kleinen, abgedunkelten Kabuff in der Nähe des Studios, trank Tee und las sich ein in die Katastrophen dieser Welt. Sehr gelassen übrigens, der Herr Hofer, obwohl er stets fürchten muss, dass jede falsche Betonung eine Flut von Briefen auslöst.
Obenrum war er beim Warm-up schon ganz Nachrichtensprecher: akkurat gebügeltes Hemd, perfekt geknotete Krawatte, passgenaues Sakko. Aber untenrum: Jeans!
Legenden ranken sich um die unsichtbare Hälfte der deutschen Fernsehnachrichtenrümpfe, es soll barfuß lesende Frauen gegeben haben und solche in Lammfellstiefeln, weil sie unter kalten Füßen litten, einem häufigen Symptom von Lampenfieber. Selbst, wenn eine Meerjungfrau unter den adretten Damen gewesen wäre, die in den vergangenen 60 Jahren die Welt in 15 Minuten vorgelesen haben - niemand hätte das je erfahren. Der halbe Mensch über der Tischplatte war herrlich mysteriös.
Womöglich ein Zeichen von Transparenz
Alles vorbei. Das fast seit dem Krieg am Tresen festgetackerte Sprecherpersonal hat Auslauf bekommen, womöglich als weiteres Zeichen neuer Transparenz des Öffentlich-Rechtlichen, für die das Erste in einem Anfall von Selbstironie mit Geisterbeinen geworben hatte, die in anderen Sendungen herumstanden.
ARD-Nachrichten:Tagesschau lüftet Geheimnis um herrenlose Beine
Eine Woche lang rätselte die Republik: Was ist das für ein Unterleib, der da im Studio rumsteht? Jetzt hat der Chefredakteur geplaudert.
Formvollendet trat Jan Hofer am Sonntag also um 20.14 Uhr neben sein Pult, mannshoch vom Scheitel bis zur Sohle, und bat um Aufmerksamkeit für die Tagesthemen.
Ein kleiner Schritt für Jan Hofer, aber ein großer für, äh . . . , ja für . . . ., puh . . .