Neue Staffel "Ich bin ein Star, holt mich hier raus!":Resterampe im Dschungel

Lesezeit: 3 min

Zwei hübsche Frauen, viel Silikon, ein paar gefallene Casting-Show-Helden und ein Ex-Fußballprofi: Die neue Mischung im RTL-Recycling-Format "Ich bin ein Star, holt mich hier raus!" folgt dem bewährten Fremdschäm-Muster. Glitschige Käfer und feuchte Annäherungsversuche bekommen die Zuschauer schon in der ersten Folgen zu sehen - doch die Aufmerksamkeit gehört anderen.

von Carolin Gasteiger

Nicht mal der Hut ist neu. "Da steht Gitta drin", empört sich Jazzy, einst Mitglied der in den 90er Jahren erfolgreichen Girl-Band Tic Tac Toe, über die ihr zugewiesene Kopfbedeckung, die offenbar noch ein Relikt der vergangenen Staffel ist.

Altes Format - altes Moderatoren-Duo: Sonja Zietlow und Dirk Bach. (Foto: dpa)

Aber nicht nur bei der Auswahl der Garderobe setzt der Sender auf Recycling. RTL-intern herrscht ein munteres Wandern der Kandidaten zwischen den verschiedenen Casting-Formaten. Stellt sich die große Bühne als eben doch zu groß heraus, so suchen all die Möchtegern-Sänger und So-tun-als-ob-ich-modeln-könnte-Sternchen verzweifelt nach einem Weg zurück ins Rampenlicht.

Und schon steht man bei der nächsten Show auf der Kandidatenliste. Ein unheilvoller Teufelskreis, der irgendwann im Dschungelcamp endet. Seit Freitag kämpfen sich in der sechsten Staffel von "Ich bin ein Star, holt mich hier raus" elf neue gescheiterte Existenzen durch die Wildnis und stellen sich den mehr oder minder ekligen Prüfungen.

Darunter auch die beiden Ex-DSDS-Kandidaten Daniel Lopes und Kim Gloss. Allerhand intime Einblicke in das Seelenleben der Campbewohner sollen RTL Quote bringen. Hofft der Sender.

Quote durch intime Einblicke

Denn RTL steht unter Zugzwang: Das Aushängeschild "Deutschland sucht den Superstar" kommt nur schwer gegen "The Voice" auf Sat. 1 an. Diese Konkurrenz kommt auch auf "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" zu. Dabei setzen die Macher auf altbewährte Kandidaten-Attribute.

Retten soll es mal wieder reichlich nackte Haut. Die Silikondichte im Camp erhöhen Superblondine Brigitte Nielsen und Erotikmodel Micaela Schäfer. Nielsen war vor allem mit Sylvester Stallone verheiratet und legte sich für RTL vor Jahren für eine mehrteilige RTL-Show schon mal unters Messer, Schäfer war einst Kandidatin in Heidi Klums "Germany's next Topmodel".

Die Kandidaten im Dschungelcamp
:Ich bin Wahrsager - holt mich hier raus!

Bereits zum sechsten Mal schickt RTL Stars und Sternchen in den australischen Busch: An diesem Freitagabend beginnt erneut die Suche nach dem Dschungelkönig. Wir stellen Ihnen die mehr oder weniger prominenten Kandidaten vor.

Bilder.

Den Part des Truppen-Papas übernimmt Vincent Raven, den ProSieben einst als "The Next Uri Geller" feierte. Und auch die Mutter der Kompanie hat sich bereits gefunden: ZDF-Moderatorin Ramona Leiß, die in den Dschungel geht, weil sie noch nie in "so einer verrückten" TV-Show gewesen sei. Und der beim Anblick des verdreckten Campgeländes nichts anderes einfällt als: "Naaa, furchtbar!" Na dann.

Aufmerksamkeit für die Moderatoren

Zwischen den ebenso geistreichen (Ex-Fußballprofi Ailton über Micaela Schäfer: "Sie ist eine schöne Frau.") wie schlagfertigen (Micaela Schäfer nach dem Genuss eines Rhinozerokäfers: "Kann ich auch nicht besser kochen.") Kommentare der Kandidaten suhlen sich die Moderatoren der Sendung, der dauerkichernde Dirk Bach und seine Grimassen schneidende Kollegin Sonja Zietlow, ungeniert in Zynismus. Genüsslich erläutern sie, dass es Tradition bei den Kandidaten sei, dass sie es "nicht so dicke haben" oder veräppeln Uwe Ochsenknechts Söhne (der "verstoßene Sohn Rocco gehört ebenfalls zu den Dschungelbewohnern) als "Bavaria Blu" oder "Speedy Gonzales". Schnell wird klar, wem die Sendung tatsächlich Aufmerksamkeit beschert: dem bewährten Moderatorenteam.

Am Ende wird es dennoch auf die Kandidaten ankommen, ihr Zusammenleben auf engstem Raum und die Konflikte, die daraus resultieren: Wer wird zur Zicke, wem gehen die Nerven durch? Denn was sind schon ein paar glitschige Würmer gegen einen ordentlichen Zickenkrieg oder gequirlte Leber gegen ein paar vergossene Tränen?

In der vergangenen Staffel ging das Konzept auf - Camp-Zicke Sarah Knappik brachte nicht nur ihre Mitinsassen auf die Palme und fast zum kollektiven Auszug, sondern bescherte RTL auch Traumquoten. Durchschnittlich 8,93 Millionen schalteten damals ein. Außerdem wurde das Format für den Deutschen Fernsehpreis nominiert. Wie skandal- und quotenträchtig die aktuelle Konstellation sein wird, bleibt abzuwarten. Erste Annäherungsversuche von Rocco Stark und Micaela Schäfer in Bikini und Badehose beim Baden lassen die Erwartungen steigen.

Voyeurismus im australischen Busch

Und auch an einem unerwartet intimen Moment können sich die Zuschauer gleich zu Beginn erfreuen: "Ich hab plötzlich Schmerzen. Nicht am Knie oder am Rücken, sondern innen" schluchzt Schönling Daniel unter Palmenblättern, um sich sogleich von Camp-Papa Raven mit Atemübungen beruhigen zu lassen. Mit so viel Emotion kann auch der glitschigste Mehlwurm nicht mehr mithalten.

RTL hat noch einen Grund zur Freude: Die Recycling-Taktik scheint aufzugehen. 6,88 Millionen Zuschauer saßen am Freitagabend vor dem Fernseher um erneut dem schonungslosen Voyeurismus zu frönen. Das entsprach einem Marktanteil von 24,7 Prozent. Im vergangenen Jahr sahen die erste Sendung der Urwald-Lästershow gut 7,3 Millionen Menschen (etwa 28 Prozent Marktanteil).

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